Schweden debattiert über Flugreisen
Seit Beginn des Jahres diskutiert Schwedens Öffentlichkeit intensiv darüber, ob die Bevölkerung ihre Flugreisen drastisch einschränken sollte, um den Klimawandel zu stoppen. Auslöser war ein Kommentar in der Tageszeitung Expressen, der ein breites Medienecho hervorrief.
Der teuerste Selbstmord der Weltgeschichte
In seinem Beitrag in Expressen schreibt der Journalist Jens Liljestrand von der Leugnung eines kollektiven Selbstmordes, den die Menschheit mit der Umweltzerstörung begeht:
„Ich hab es satt so zu leben. Ich habe es satt dafür zu arbeiten, dass ich es mir immer wieder leisten kann, meine Kinder in eine Sardinenbüchse mit Plastikessen zu packen und nach Stunden der Enge und Tristesse anzukommen und Selfies mit einer sterbenden Welt im Hintergrund zu machen. Das ist ein Lebensstil fern ab jeglicher Idiotie. Das ist der teuerste Selbstmord der Weltgeschichte. Ich kann meiner Tochter erzählen, wie schön die Korallen waren, als ich ein Junge war. Die Farben so kräftig wie im Film Findet Nemo. Es war eine Märchenwelt. Doch die ist jetzt verschwunden.“
Von oben herab
Der Autorin Josefin Holmström missfällt in Svenska Dagbladet der Ton des Diskurses:
„Muss diese Debatte so von oben herab geführt werden. Sind wir uns unserer Privilegien überhaupt nicht bewusst? Der Historiker David Lindén schreibt auf Twitter über eine Debatte, die nach Klassenverachtung stinke: 'Der Normalschwede darf nicht nach Thailand fliegen, aber ich muss auf dieser Konferenz in Brüssel sein.' Ich werde Wochenendreisen mit dem Flugzeug nach Rom, Lissabon oder Wien nicht verteidigen. Aber ich stelle den selbstverherrlichenden Ton in der Flugverweigererdebatte in Frage, in der offenbar alle Beteiligten zur besser gestellten Mittelklasse in der Innenstadt oder in einem sicheren Villavorort gehören. Wir verstehen, dass ihr nicht auf das Auto angewiesen seid. Eure Kinder können mit dem Fahrrad zur Schule fahren, weil sie nicht mitten im Wald oder hoch oben im Norden wohnen.“