Wie sehr zieht es Bulgarien Richtung Moskau?
Bulgariens Präsident Rumen Radew hat am Dienstag Präsident Putin in Sotschi besucht, um nach eigenen Worten "den politischen Dialog auf höchster Ebene nach langjähriger Unterbrechung wieder herzustellen". Kommentatoren in Russland und Bulgarien sehen in dem Besuch ein deutliches Zeichen dafür, dass die ersten EU-Staaten Russland als Partner wieder zu schätzen lernen.
Radew knüpft alte Bande neu
Radew musste beim Treffen mit Putin viele Sünden der Vergangenheit wieder ausbügeln, erklärt die prorussische Tageszeitung Duma:
„Radews Ziel war es, den Dialog auf höchstem Niveau wieder aufzunehmen, der in den vergangenen Jahren von anderen Politikern – bulgarischen und ausländischen – in die Gefrierkammer gesteckt worden war. … Sicherlich hatte er es nicht einfach, denn die Sünden dieser Politiker, einschließlich des Premiers Borissow, wiegen schwer: Die Abkehr von der Gaspipeline 'South Stream', vom Bau eines russischen AKW in Belene und von der Erdölpipeline Burgas-Alexandroupolis. Hinzu kamen die politische Konfrontation zwischen dem Westen und Russland, die Sanktionen, das Säbelrasseln und das fehlende Vertrauen auf beiden Seiten, an denen Radew keine Schuld hat.“
Kuschelkurs nach Merkels Vorbild
Erfreut nimmt Ria Nowosti zur Kenntnis, dass die Westintegration nicht mehr der bestimmende Vektor für Sofia ist:
„Den Eliten kleiner Länder ist aufgegangen, dass die Hierarchie, der sie Treue geschworen haben, gar nicht so global ist. Vielleicht zerfällt sie - und es ist unklar, welchem Teil man dann treu sein soll. ... Sicher ist es etwas peinlich, einzugestehen, dass das in Fetzen gerissene und in den Staub getretene Russland, über das man in den osteuropäischen Hauptstädten gerne hämisch grinste, Recht hatte. Und ein bisschen unangenehm, ihm vorzuschlagen, alles zu vergessen und wieder an dem Punkt anzufangen, wo man sich selbst vor ein paar Jahren in westlichem Hochmut geübt hat. Aber wenn selbst die deutsche Presse über Merkel schreibt, 'während der US-Präsident die Welt erschüttert, wendet sie sich an einen stabilen Partner: Russland', dann müssen sich kleine Länder da nicht schämen.“