Türkei: Was tun gegen sexuellen Missbrauch?
Nachdem zwei als vermisst gemeldete Mädchen tot aufgefunden wurden, die offenbar vor ihrem Tod sexuell missbraucht worden sind, geht ein Aufschrei durch die türkische Gesellschaft. Die Zeitung Cumhuriyet berichtete, dass in den letzten zehn Jahren die Zahl der Missbrauchsfälle im Vergleich zur Dekade davor um 700 Prozent angestiegen ist. Türkische Medien diskutieren Präventionsmaßnahmen und das Strafmaß für Täter.
Kastration statt Todesstrafe
Für Milliyet ist die Wiedereinführung der Todesstrafe keine Lösung des Problems:
„Die Forderungen nach einer Wiedereinführung der Todesstrafe vermehren sich exponentiell. Doch hat die Todesstrafe eine abschreckende Wirkung auf solche perversen Monster? Forschungen zum Strafrecht beantworten diese Frage nicht mit Ja. Diese perversen, dreckigen Monster begehen ihre Straftaten ohnehin nicht, indem sie über die Konsequenzen nachdenken. Ihr ekelhaftes Handeln passiert vielmehr im Delirium. Statt der Todesstrafe sollten sie kastriert und zu lebenslanger Isolationshaft verurteilt werden. Eine absolute Isolation von der Gesellschaft.“
Gesetzentwurf der AKP deckt Peiniger
Warum die von der AKP-Regierung vorgeschlagene Gesetzesänderung das Problem noch verschärfen könnte, erläutert Evrensel:
„Die Strafminderung wegen guten Betragens wird nicht angerührt, die Verjährung bei Kindesmissbrauch wird nicht abgeschafft. ... Für Geschlechtsverkehr unter Minderjährigen sind horrende Strafen vorgesehen. Aber wenn ein Kind mit Vollendung des 15. Lebensjahrs von einem Erwachsenen missbraucht wird, fällt das nur unter 'Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen'. ... Folglich wird dieser Gesetzesentwurf nicht nur keine Lösung für das existierende Missbrauchsproblem sein, sondern die Regierung wird damit auch eine Möglichkeit geschaffen haben, künftige Missbrauchsfälle unter den Teppich zu kehren.“
Folge der Tabuisierung von Sexualität
Die häufigen Fälle sexuellen Missbrauchs in der Türkei haben soziologische Ursachen, meint T24:
„Wir müssen uns eingestehen, dass zwei Punkte von gravierender Dringlichkeit sind und wir jedes Mal aufs Neue unsere diesbezüglichen Erfahrungen ignorieren. Der eine Punkt ist, dass in diesem Land weder das Leben von Kindern, noch das von Frauen, von Tieren oder sonstigen Benachteiligten einen Wert hat. ... Und der andere Punkt ist, dass das Thema Sexualität als ein großes Tabu hingenommen wird und weiterhin ständig unterdrückt und als nicht existent behandelt wird. ... Solange wir Sexualität unterdrücken und ignorieren, werden sich die gefährlichen Folgen insbesondere auf unsere Kinder auswirken. Auf diese Tatsache müssen wir uns konzentrieren und unseren Kindern die potentiellen Gefahren bewusst machen.“
Todesstrafe ist die einzige Lösung
Sexueller Missbrauch von Kindern muss kompromisslos bestraft werden, fordert Star:
„Alle Maßnahmen, die bisher gegen diese widerwärtigen 'Vergewaltigungs- und Mordgeschichten' vorgeschlagen wurden, werden erfolglos bleiben. Die Lösung ist nicht, diese Dreckskerle in unserer Sozialstruktur mitzutragen, sondern wir müssen sie ein für alle mal aus den Gedanken und dem Körper unseres Volkes rauswaschen und auslöschen (exekutieren). ... Die aufgezwungene komplette Abschaffung der Todesstrafe [im Zuge der Annäherung an die EU] war eine gravierende Fehlentscheidung. Es ist jetzt an der Zeit, diesen Fehler rückgängig zu machen. Es macht keinen Sinn, die Rufe nach der Todesstrafe zu ignorieren, die aus unseren exakten Vorstellungen von Richtig und Falsch und aus den berechtigten Forderungen unseres Volkes resultieren.“