Wie katholisch ist Irland noch?
Papst Franziskus reist am Wochenende nach Irland. Vor dem Hintergrund jahrelang vertuschter Missbrauchsfälle im US-Staat Pennsylvania und einem offenen Brief, in dem der Papst um Vergebung für das Versagen der Kirche bittet, kein leichter Besuch. Während einige Journalisten die Totenglocken für den irischen Katholizismus läuten hören, ärgern sich andere über den kirchenfeindlichen Diskurs im Land.
Diese Kirche wird nicht mehr auferstehen
In ihrer heutigen Form hat die katholische Kirche in Irland keine Zukunft mehr, meint Kolumnist Fintan O'Toole in The Guardian:
„Franziskus scheint ein netter Mensch zu sein, und die meisten Iren werden ihn gerne sehen. Den verbliebenen Gläubigen wird seine Anwesenheit Freude bereiten und Trost spenden. Doch der vorbildliche katholische Staat, der Irland einst war, liegt im Grab - und es wird keine Auferstehung geben. Vielleicht wird im Laufe der Zeit etwas anderes aufkommen, eine radikal andere Variante des Katholizismus, ohne Patriarchat und Autoritarismus, die nicht nur auf die eigene Institution Rücksicht nimmt. In der Zwischenzeit kann in der ruinierten irischen Kirche nur eines ehrlich gepredigt werden: Absolute Macht korrumpiert absolut.“
In der antikatholischen Echokammer
Schade, dass der Katholizismus in den irischen Medien mittlerweile verpönt ist, klagt Kolumnist David Thunder in The Irish Times:
„Anstatt ein pulsierendes Forum für eine breite nationale Debatte zu bieten, sind Irlands Print-, Radio- und TV-Medien zu einer Echokammer für einen bestimmten Teil des irischen Meinungsspektrums geworden. Es handelt sich um einen Mischmasch aus 'fortschrittlichen' sowie 'liberalen' Ansichten zu heiklen Themen und um eine kaum verhüllte Feindseligkeit gegenüber dem traditionellen Katholizismus. ... Ganz gleich, welchen TV- oder Radiosender man einschaltet oder welche Zeitung man aufschlägt, von ein paar ganz wenigen Ausnahmen abgesehen findet man einen ohrenbetäubenden Konsens bei einer Reihe von sozialen und moralischen Themen vor. Das betrifft Abtreibung, Homoehe, Bildung, Transgender-Ideologie, aber auch die Bedeutung von Religion.“