Was sagt das Plumpsklo über Russland aus?
Nach aktuellen Daten der russischen Statistikbehörde haben 22,6 Prozent der russischen Haushalte keinen Kanalisationsanschluss - vor allem auf dem Land. Inwieweit das moderne Klo eine wesentliche zivilisatorische Errungenschaft darstellt, wird von russischen Kommentatoren kontrovers diskutiert.
Ohne warme Toiletten ist kein Staat zu machen
Radio Kommersant FM hält Kanalisationen für unabdingbar, um die Landflucht zu stoppen - und sogar, um das politische System zu stabilisieren:
„Das Fehlen einer städtischen Toilette ist der Hauptgrund für die Abwanderung aus den Dörfern in die Städte. In erster Linie geht die Jugend, die im 21. Jahrhundert wenigstens den primitivsten Komfort genießen will. Die Situation verbessert sich zwar, aber eben nicht sehr schnell ... In Regionen Sibiriens und des Fernen Ostens herrscht realer Notstand. Es heißt, dass bis zu eine Million Einwohner jährlich von dort abwandern. Daraus ergibt sich die immer gleiche Frage: Wohin bewegt sich das Land? Wird es weiter ohne urbane Kloschüsseln leben, aber dafür mit der Losung 'Wir bauen Raketen'? Schwerlich lässt sich ein stabiles politisches System ohne Kanalisation und warme Toiletten errichten.“
Ein Klohäuschen ist auch ein Stück Freiheit
Für Wedomosti hingegen ist das Häuschen im Freien auch ein Symbol von Autonomie:
„Die Möglichkeit, in einem Privathaus eine Standard-Toilette einzurichten, gibt es überall, außer in den Regionen des Hohen Nordens. Doch das Fehlen einer zentralen Kanalisation ist, besonders auf dem Dorf und in Kleinstädten, oft eine bewusste Entscheidung der Bewohner - bedeutet ein Anschluss doch auch die Pflicht zu monatlichen Zahlungen für diesen Service. Und letztlich ist nicht allen das Vorhandensein einer warmen 'Stadttoilette' wichtig: Die Gewohnheit, draußen das Häuschen aufzusuchen, ist stärker. Man genießt eine Art von Autonomie vom Staat - und das auch noch kostenlos.“