Franziskus entlässt Kardinal wegen Veruntreuung
Papst Franziskus hat Kardinal Angelo Becciu von seinen Ämtern entbunden, nachdem dieser seine Kardinalsrechte selbst zurückgegeben hatte - ein sehr seltener Vorgang. Becciu, jahrelang für personelle und finanzielle Angelegenheiten des Vatikans verantwortlich, soll Hunderte Millionen Euro aus Spenden veruntreut und in eine Londoner Immobilie investiert haben. Die Presse beleuchtet die Dimension des Skandals.
Kirchenstaat im Kern erschüttert
Dies ist mehr als ein Personalskandal, analysiert Kolumnist Ezio Mauro in La Repubblica:
„Es geht um eine heikle Angelegenheit, nämlich die Finanzierungskrise des Vatikans. ... Das Schrumpfen des Obolo di San Pietro beunruhigt Franziskus, denn nach einem Höchststand von 101 Millionen im Jahr 2006 ist er bis 2015 auf 70 Millionen gesunken. Unter diesen Bedingungen zu entdecken, dass der Obolo für private Zwecke benutzt wurde, ist für den Papst die Offenbarung nicht nur eines Skandals, sondern eines Verrats, der das Vertrauen der Gläubigen untergräbt und folglich die Mittel der Kirche für das Werk der Evangelisierung und die Armenhilfe weiter verringert. Ein Alptraum für Franziskus. ... Eine heilige Blasphemie.“
Das kann auch der Papst nicht verzeihen
Weniger wegen des materiellen als wegen des spirituellen Schadens hat Franziskus jetzt durchgegriffen, glaubt Vatikan-Experte Gianluigi Nuzzi in La Stampa:
„Was eine Beziehung wirklich untergräbt, ist die Lüge, das Verstecken. Die Tatsache, dass ein Kardinal den Papst belügt, ist selbst für einen Pontifex, der tief im Ablass, in der Barmherzigkeit der Vergebung verwurzelt ist, unüberwindbar. Wenn ein Kardinal die Wahrheit in wesentlichen Aspekten verstümmelt, sie zugunsten dessen, was Joseph Ratzinger als 'menschliches Streben nach der Macht' bezeichnet, verbiegt, wird die brüderliche Umarmung unzulässig. Dies ist daher der logischste Schlüssel zur Interpretation dessen, was geschehen ist. Becciu hat den Papst des Vertrauens beraubt.“