Schwimmstar ohne Medaillen: In Ungarn ein Politikum
Welchem medialen und gesellschaftlichen Druck die Olympioniken der verschiedenen Länder mitunter ausgesetzt sind, zeigt nach dem Fall der Turnerin Biles nun ein Beispiel aus Ungarn. Die dreifache Olympiasiegerin Katinka Hosszú verpasste bei den Schwimmwettkämpfen in Japan alle Medaillenplätze. Dass sie anschließend der Pressekonferenz fernblieb und wie schnell aus Sport Politik wird, beschäftigt die Kommentatoren.
Auch im Scheitern Vorbild bleiben
Die Sportlerin wäre der ungarischen Gesellschaft eine ehrliche Erklärung für ihr Abschneiden schuldig gewesen, findet Theologe Antall Kiss in der regierungsnahen Tageszeitung Magyar Hírlap:
„Eine - ehemalige - Meisterin soll dazu fähig sein, nach den Vorschriften des Protokolls vor die Kameras zu treten. Als entkräfteter, fehlbarer, nach Atem ringender Mensch soll sie uns Ungarn mutig in die Augen schauen können und sagen, dass sie alles Menschenmögliche und sogar noch mehr versucht hat, und der Sieg dennoch nicht gelang. Es hat nicht gereicht. In dieser Schwäche hätte sich die Stärke gezeigt. Die Stärke der Seele.“
Schon wieder Polarisierung
Dass in Ungarn persönliche sportliche Leistungen sofort von der Politik vereinnahmt werden, verärgert Népszava:
„Es gibt nahezu keine Figur des öffentlichen Lebens, die sich in der Sache von Katinka Hosszú nicht geäußert hätte. Das Thema wurde plötzlich zum politischen Statement, zur Möglichkeit, die Position der Regierung zu unterstützen. Am meisten Gewicht hatte freilich der Facebook-Post des Premierministers Viktor Orbán, mit dem er der Unterstützung der Schwimmerin eine politische Dimension verlieh. ... Wer nun die Gründe des Misserfolgs thematisiert, wird in die Ecke der unpatriotischen Opposition gedrängt.“