Wie kann Europa die Ukraine unterstützen?
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat den Stand der Verhandlungen mit der russischen Delegation als "inzwischen realistischer" bezeichnet. Gleichzeitig haben sich die Angriffe des russischen Militärs auf die Ukraine ausgeweitet. Kommentatoren diskutieren, welche Unterstützung Europa bieten kann.
Wir brauchen eure Waffen
Dserkalo Tyschnja veröffentlicht einen Appell des Oligarchen Wiktor Pintschuk:
„Wir danken Ihnen für Lebensmittel, Geld, Mitgefühl und gemalte blau-gelbe Fahnen. Aber wenn Sie uns retten wollen, braucht die Ukraine Flugzeuge, Flugabwehr- und Panzerabwehrraketen, bewaffnete Drohnen und andere Waffen. Ich bitte also unsere Freunde im Westen: Bitte gebt uns Waffen. … Als sich Hitlers Streitkräfte im Februar 1941 Großbritannien näherten, sagte Churchill zu Franklin D. Roosevelt: 'Gebt uns die Mittel, und wir werden den Job erledigen.' Das ist es, worum die Ukrainer heute bitten: die Mittel, um einen brutalen Tyrannen zu besiegen, der eine friedliche, freie Demokratie angegriffen hat, weil sie eine freie Demokratie ist.“
Lend-lease-Programm starten
Aftonbladet schließt sich der Forderung an, der Ukraine stärker unter die Arme zu greifen:
„Die Redaktion von Aftonbladet hat schon früher geschrieben, dass die EU und die USA ein sogenanntes 'Lend-Lease-Programm' mit der Ukraine schaffen könnten. Das Modell stammt aus dem Zweiten Weltkrieg, als die USA unter anderem Großbritannien Geld und Material liehen, um sich gegen Hitler zu wehren: Damit könnte sich die Ukraine mit geliehenem Geld kaufen, was sie will, ohne dass EU oder Nato kriegsführend werden. Danach können wir gegebenenfalls die Kredite abschreiben.“
Konflikt keinesfalls weiter verschärfen
Žurnal24 mahnt, angesichts der berechtigten Wut über Putins Aggression nicht den Kopf zu verlieren:
„Slowenien ist Teil der Nato und der EU und es ist wichtig, dass wir der Ukraine einstimmig helfen, damit ihre Bevölkerung so wenig wie möglich leidet. Aber nicht, indem wir sie noch mehr verwüsten, indem wir den Konflikt ausweiten und unsere eigene Lebensqualität verringern. Gemeinsam sind wir stark und gemeinsam sind wir sicher vor Angriffen, solange die Hysterie nicht zur Eskalation des Konflikts führt. Zum ersten Mal in der Geschichte hat sich die EU geeinigt und entschlossen reagiert. Die EU muss nun aufpassen, dass sie nicht in zu tiefem Wasser versinkt.“
Jetzt nicht nachgeben
Das Mindeste, was Europa nun tun kann, ist die Sanktionen durchzustehen, meint Jutarnji list:
„So wie die Ukrainer in den letzten Wochen ungeahnten Widerstand und Entschlossenheit gezeigt haben, so müssen nun Europa und der ganze Westen die Sanktionen bis zum Ende durchstehen. Während die Europäer die Wirksamkeit der Sanktionen anhand der Zimmertemperatur oder dem Unterschied im Spritpreis spüren, was keinesfalls ein leichtes Schicksal ist, bezahlen die Ukrainer dies mit ihrem Leben, der Trennung von Eltern und Kindern und einem zerstörten Zuhause. ... Wenn der Westen bis zum Ende durchhält, gewinnt er. Wenn es Putin gelingt, ihn wieder zu spalten, wird die EU nicht nur ein politischer Zwerg bleiben, sondern ein Dasein als reicher Block fristen, der von allen erpresst wird.“
Die Ukraine wird es so nicht mehr geben
Der Experte für Geopolitik Lucio Caracciolo zeichnet in La Stampa ein düsteres Bild der Zukunft:
„Die Ukraine, wie wir sie bisher kannten, wird es nicht mehr geben. In erster Linie wegen des Mangels an Ukrainern. Zur Zeit der Unabhängigkeit waren es 52 Millionen, zu Beginn der russischen Aggression waren es nur noch etwa 35 Millionen. Morgen werden es ein paar Millionen weniger sein, wenn man die Masse der Flüchtlinge bedenkt. Hinzu kommt die Reduzierung des Gebiets. Es ist undenkbar, dass die Russen weniger als die Bestätigung der Annexion der Krim, die Unabhängigkeit der (de facto russifizierten) Republiken Donezk und Luhansk und einige Korridore zur Verbindung der beiden Kyjiw entrissenen Gebiete akzeptieren werden.“