Frankreichs Überseegebiete lehnen Macron ab
Frankreich und seine Überseegebiete ticken politisch nicht mehr im Takt: Im ersten Wahlgang hat man dort mehrheitlich für den linkspopulistischen Jean-Luc Mélenchon gestimmt, im zweiten Wahlgang holte Marine Le Pen 58 Prozent der Stimmen. Die Präsidentenwahlen haben sichtbar gemacht, in welcher tiefen Krise die Beziehung zwischen dem Kernland und seinen weit verstreuten ehemaligen Kolonien steckt.
Es fehlt an Arbeitsplätzen und guten Firmen
Das Stimmverhalten beruht auf wirtschaftlichen und sozialen Missständen, erklärt Hervé Mariton, ehemaliger Übersee-Minister und Vorsitzender des Verbands der Übersee-Unternehmen, in Le Figaro:
„Kern des sozialen Dramas sind die bei jungen Menschen dramatisch hohe Arbeitslosigkeit (sie betrifft die Hälfte der jungen Erwerbsfähigen), die Abwanderung von Fachkräften und die Bürokratisierung der Gesellschaft. Die größten wirtschaftlichen Probleme sind die hohen Lebenshaltungskosten, die unzureichende Anzahl und geringe Bedeutung von Unternehmen und ein oftmals ungeeigneter nationaler Gesetzesrahmen. ... Die Entwicklung der Unternehmen ist wichtig, um Wohlstand zu erzeugen, Arbeitsplätze zu schaffen und aus dem sozialen Elend und dem Bevölkerungsrückgang herauszukommen.“
Neuer Status notwendig
Antoine Joly, ehemaliger französischer Botschafter in Nicaragua und Suriname, fordert in Le Monde, die Beziehungen zwischen Paris und den Überseegebieten grundlegend zu überdenken:
„Wir sollten uns nicht auf eine Lösung mit mehr Autonomie beschränken, sondern die Kühnheit besitzen, eine Vereinbarung zu prüfen, die General de Gaulle bereits 1958 im Sinn hatte. Damals schlug er vor, die Überseegebiete könnten einer in der Verfassung festgeschriebenen französischen Gemeinschaft souveräner Staaten beitreten. Es geht um eine neue, gemeinsam ausgehandelte und von beiden Seiten akzeptierte Gemeinschaft, die Frankreich vom Image eines alten, im 19. Jahrhundert feststeckenden Staates befreien, ihm gleichzeitig aber privilegierte Beziehung zu den Staaten in drei verschiedenen Ozeanen ermöglichen würde.“