Nach Nawalnys Tod: Ehefrau Julia geht in die Politik
Julia Nawalnaja, Witwe des prominenten, im Straflager mutmaßlich ermordeten Kreml-Gegners Alexej Nawalny, will die Arbeit Mannes fortsetzen und hat Putin und dem Kreml den politischen Kampf angesagt. Kommentatoren sehen in ihr eine würdige Nachfolgerin, die eventuell sogar die russische Opposition einigen könnte.
Sie trägt das Banner weiter
Politologe Abbas Galliamow sieht Nawalnaja auf seiner Facebook-Seite als sehr glaubwürdige Figur:
„Bei der überwiegenden Mehrheit der Politiker hegen die Menschen den Verdacht, dass ihre wahre Motivation eine andere ist als die deklarierte. Dies gilt insbesondere in einem Land mit einer so korrupten und verlogenen politischen Klasse wie Russland. Julia Nawalnaja wird dieses Problem nicht haben. Ihre Motivation ist äußerst einfach und klar, sie ist gesellschaftlich absolut positiv besetzt. Julia hebt einfach das Banner auf, das aus den Händen ihres ermordeten Mannes gefallen ist. ... Aus diesen Gründen wird es für den Kreml sehr schwierig, Julia zu diskreditieren und ihr eigennützige Motive zu unterstellen.“
Putin hat sich verrechnet
Alexej Nawalnys Kampf wird fortgesetzt, erklärt La Repubblica:
„Zwei Frauen haben das geistige und politische Erbe von Alexej Nawalny angetreten, den Wladimir Putin glaubte, für immer auslöschen zu können. ... Eine ist die Mutter Ljudmila. Sie irrt seit drei Tagen in einer der abgelegensten und lebensfeindlichsten Regionen Sibiriens umher. ... Aber diese verzweifelte Wanderung einer Mutter auf der Suche nach der Leiche ihres Sohnes ist die stumme Verkörperung eines Schmerzensschreis, eine Anprangerung der verdächtigen Zweideutigkeit des Zaren. ... Die andere Frau, seine Ehefrau Julia, hat dem Zaren den Fehdehandschuh der politischen Herausforderung hingeworfen, indem sie ihn offen beschuldigte, ihren Mann getötet zu haben.“
Das neue Gesicht der Opposition
Der ehemalige russische Diplomat Boris Bondarew schreibt in einem von Echo übernommenen Beitrag auf X:
„Julia Nawalnaja befindet sich in einer einzigartigen politischen Lage. Sie startet mit dem politischen Kapital ihres Mannes, das aktuell noch durch eine emotionale Welle verstärkt wird. Politiker von Weltrang empfangen sie. Daher kann sie durchaus das Gesicht der russischen Opposition werden. Um dies zu erreichen, muss sie alle, die etwas zu sagen haben, an einen Tisch bringen (und sei es im übertragenen Sinne) und Ideen für eine gemeinsame, koordinierte Arbeit vorschlagen. Wahlen stehen vor der Tür, und danach wird sich die Lage in Russland wohl noch verschärfen. Das muss man schon jetzt bedenken.“