Parlamentswahl in Portugal: Steht ein Wechsel an?
Die Portugiesen wählen am Sonntag in vorgezogenen Wahlen ein neues Parlament. Derzeit führt in Umfragen die Mitte-Rechts-Koalition Aliança Democrática (AD) gegenüber den Sozialisten (PS), die 2022 eine absolute Mehrheit erringen konnten. Danach sieht es derzeit jedoch für keine der großen Parteien aus. Kommentatoren sorgen sich zudem über die hohen Zustimmungswerte von fast 17 Prozent für die rechtspopulistische Chega.
Rechtes Lager will Machtübernahme erzwingen
Publizistin Carmo Afonso stellt der Aliança Democrática (AD) in Público ein schlechtes Wahlkampfzeugnis aus:
„Die Wähler, die für die AD stimmen werden, wissen nicht, wofür ihre Stimme verwendet wird, und sie haben gute Gründe anzunehmen, dass sie für eine Koalition mit Chega verwendet wird. ... Konkrete Vorschläge werden dagegen kaum gemacht. Darüber hinaus sind die Ergebnisse der sozialistischen Regierung beachtlich: Portugal hat ein gutes Rating bei den Agenturen, einen Haushaltsüberschuss, eine sinkende Staatsverschuldung und ein Wirtschaftswachstum, das über dem europäischen Durchschnitt liegt. Diese Ergebnisse widerlegen die üblichen Argumente der Rechten. Was bleibt, ist der Glaube an den Willen zum Wechsel. Und dass alle Mittel recht sind, um an die Macht zu kommen.“
Das Land ist reicher, die Menschen ärmer
Die positive wirtschaftliche Bilanz der sozialistischen Regierung kommt bei der Bevölkerung kaum an, bemerkt Journalist Paulo Baldeia in Expresso:
„Abgesehen von den allseits bekannten Problemen wie den Schwierigkeiten vieler öffentlicher Dienste und dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum zeigen die Statistiken auch, dass die portugiesischen Arbeitnehmer im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich 5 Prozent ihrer Kaufkraft verloren haben, im Jahr 2023 dann 1,2 Prozent. ... Das Land ist reicher, aber die Mehrheit der Portugiesen ist ärmer als im jeweiligen Vorjahr. Also wird wieder einmal deutlich: Das Leben der Menschen ist nicht besser, aber die Situation des Landes als Ganzes ist viel besser. Reicht das, um wieder Wahlen zu gewinnen?“
Chega wieder im Aufwind
Die portugiesische Schriftstellerin Dulce Maria Cardoso glaubt in El País, dass die sozialistische Regierung dem Erfolg der rechtspopulistischen Chega weiter Vorschub geleistet hat:
„In nur zwei Jahren, seit ihrer Gründung 2019, hat die rechtsextreme Chega-Partei in Portugal politische Bedeutung erlangt. Die Entscheidung, die die Portugiesen am 10. März treffen werden, wird deutlich zeigen, wie sie sich jetzt gegenüber Chega positionieren wollen. Das war auch schon bei den letzten Parlamentswahlen so, die die Sozialisten mit einer absoluten Mehrheit gewonnen haben. Deren fahrlässige und arrogante Regierung hat die Populisten nun gestärkt. ... Wir spielen so lange mit dem Feuer, bis alles in Flammen aufgeht.“