Frankreich: Linke nennt Kandidatin fürs Premiersamt
Nach seinem Wahlsieg hat sich das Linksbündnis Nouveau Front populaire (NFP) auf Lucie Castets als gemeinsame Kandidatin für das Amt des Premiers geeinigt. Die 37-Jährige ist eine hohe Finanzbeamtin und Ökonomin. Präsident Emmanuel Macron erklärte, eine Entscheidung über die Ernennung des Premiers erst nach den Olympischen Sommerspielen treffen zu wollen. Zwiespältiges Echo in der Landespresse.
Man beachte das realitätsferne Programm
Les Echos hält die Ziele des NFP für beunruhigend und schwer durchsetzbar:
„Ob ein Name oder kein Name, das ändert nichts am Fehlen einer dauerhaften parlamentarischen Mehrheit. ... Der Vorsprung der Linken ist nur relativ. ... [Außerdem] kann die Wirkung dieses in letzter Minute erzielten Kompromisses über einen Namen nicht über das Wesentliche hinwegtäuschen. Das Wesentliche ist, dass das Programm, auf das sie sich geeinigt hat, nicht nur beunruhigend ist – es ist realitätsfern. Es beruht auf einer hydraulischen Sicht der Wirtschaft (man pumpt auf der einen Seite Milliarden von Staatsausgaben hinein und es entsteht automatisch Wachstum), was Risiken für die Handelsbilanz, Investitionen, Beschäftigung und Kapitalflucht birgt.“
Die vernünftigste Wahl
Für Libération verkörpert Lucie Castets den nötigen Bruch mit der amtierenden Regierung:
„Es wäre ein schreckliches demokratisches Signal, wenn man sich vorstellt, – wie Emmanuel Macron es zu tun scheint –, dass die scheidende Mehrheit trotz der schweren Niederlage im ersten Wahlgang der Parlamentswahlen eine zentrale Rolle behalten kann (und sogar muss) und dass sie dafür nicht zögert, sich einer Rechten zu unterwerfen, die entschlossen zu sein scheint, die Schwäche von Ensemble auszunutzen, um sich als Schlüsselfigur zu positionieren. … Nach dieser Parlamentswahl muss es einen Bruch geben. Die Ernennung von Lucie Castets im Namen des NFP erscheint als die logischste, vernünftigste Lösung, die am wenigsten wie ein Manöver wirken würde.“