Steuererhöhung in Estland: Ohne Alternative?
Nach dem Rücktritt der estnischen Regierungschefin Kaja Kallas, die künftig EU-Außenbeauftragte in Brüssel werden soll, hat sich in Tallinn diese Woche erstmals das neue Kabinett unter Kallas' Nachfolger Kristen Michal getroffen. Zu den ersten Beschlüssen gehört die geplante Erhöhung der Einkommens- und Umsatzsteuer. Landesmedien sind wenig begeistert.
Die Schwächsten schützen
Statt zum Beispiel über Erhöhung der Umsatzsteuer auch Bedürftige zu treffen, sollte man lieber Ausgaben kürzen, indem man das universell ausgezahlte Kindergeld bedarfsabhängig gestaltet, findet ERR Online:
„Natürlich freut sich jeder, wenn er einfach so Geld bekommt. Aber der tatsächliche Bedarf an 80 oder 100 Euro Kindergeld ist für ein Elternteil, das vom Mindestlohn lebt, ganz anders als beispielsweise für einen Abgeordneten mit einem mehr als sechsmal höheren Einkommen. Daher der Vorschlag: Das Kindergeld sollte einkommensabhängig sein und auf einem Antrag beruhen, nicht automatisch. Die Bedarfsprüfung des Kindergeldes würde dazu beitragen, gerade die schwächsten Kinder aus benachteiligten Familien zu unterstützen.“
Bei Spitzengehältern im öffentlichen Dienst beginnen
Postimees sieht noch einen anderen Ansatz zum Sparen:
„Die Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor sind wie eine heilige Kuh, die seit Jahren unangetastet bleibt. ... Wir sprechen von den Ministerien und staatlichen Behörden, ihren Sommerausflügen, der einwöchigen Haushaltsdebatte im Gutshof-Hotel, der Schaffung eines neuen Ministerpostens in einem schwierigen Moment. ... Der estnische Staat ist im Laufe der Jahre fett geworden, und im Haushalt sind große Ausgabenposten festgeschrieben, die nicht leicht zu kürzen sind. ... Schmerzhafte Einschnitte in der Gesellschaft sind nur möglich, wenn derjenige, der die Kürzungen vornimmt, auch seinen eigenen Gürtel enger schnallt. Die Beamten müssen mit gutem Beispiel vorangehen und die Spitzengehälter im öffentlichen Dienst kürzen.“