Was bedeutet das Kaiserschnittverbot in der Türkei?

Die türkische Regierung hat geplante Kaiserschnitte ohne medizinische Notwendigkeit in privaten Kliniken verboten. Mit der Verringerung von Bauchgeburten, die in der Regel eine längere Genesungsphase der Frau bis zur nächsten Schwangerschaft erfordern, soll nach den Vorstellungen des Gesundheitsministeriums das Bevölkerungswachstum gefördert werden. Kommentatorinnen liefern Pro und Contra.

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taz, die tageszeitung (DE) /

Selbstbestimmung amputiert

Die taz ist empört:

„Was als gesundheitspolitische Maßnahme erscheint, entpuppt sich schnell als autoritäre Machtdemonstration – und als durchschaubarer Versuch, von den Protesten und politischen Spannungen im Land abzulenken. Die Entscheidung, wie eine Frau gebären darf, wird zur Staatsangelegenheit erklärt, und ihre körperliche Selbstbestimmung wird gezielt eingeschränkt. ... In einer Zeit, in der Demokratie, Presse­freiheit, Justiz unter Druck stehen, wirkt dieser Eingriff in das intimste aller Rechte wie ein chirurgischer Präzisionseingriff in die Selbstbestimmung. Ganz ohne Narkose, versteht sich.“

Habertürk (TR) /

Alles ist besser als der bisherige Zwang

Kolumnistin Nagehan Alçı plädiert in Habertürk für die Kampagne der Regierung zugunsten der "normalen" Geburt:

„Viele Frauen, die ich kenne, darunter auch ich, haben per Kaiserschnitt entbunden, nicht etwa, weil es ihr Gesundheitszustand erforderte, sondern weil ihnen nicht die Alternative einer normalen Geburt angeboten wurde. ... Seit Jahren wird die überwältigende Mehrheit der Patientinnen von 'berühmten' Ärzten in Privatkliniken während der Wehen aufgeschnitten. ... Die Verteidigung des Kaiserschnitt-Diktats ist keine Verteidigung des Frauenkörpers, im Gegenteil, es bedeutet, das postnatale Leid der Frauen zu verteidigen, dem sie ausgesetzt werden, nur weil das den Ärzten so besser in den Kram passt. Deshalb stehe ich zu den Aufrufen der Kampagne zur normalen Geburt!“