Tomahawks für Kyjiw: Kriegsbeil oder Friedensbringer?
Donald Trump äußert immer deutlicher seinen Unmut über Wladimir Putin, weil dieser den Ukrainekrieg nicht beende. Am Freitag wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Trump erneut besuchen. Dabei könnte die schon länger diskutierte Lieferung von weitreichenden und präzisen US-Marschflugkörpern des Typs Tomahawk an die Ukraine besiegelt werden. Was können Washington und Kyjiw damit gegenüber Moskau erreichen?
Warnschuss aus Washington
Trump setzt auf die abschreckende Wirkung einer möglichen Lieferung weitreichender Waffen, analysiert Politologe Wadym Denyssenko in einem von Glavkom übernommenen Facebook-Post:
„In Washington scheint man der Ansicht zu sein, dass allein schon die Angst [Moskaus] vor dem Einsatz von Tomahawks Wirkung zeigen könnte. Schließlich geht es bei den Tomahawks gar nicht so sehr um die Ukraine, sondern um eine Warnung: Falls ihr versucht, militärisch gegen die Nato‑Staaten vorzugehen, müsst ihr mindestens mit der Zerstörung der gesamten Ölexportinfrastruktur rechnen. Und die Russen wissen, dass sie dem nichts entgegenzusetzen haben.“
Mit Masse ein deutliches Zeichen setzen
Trump darf es nicht bei einer symbolischen Lieferung einiger Tomahawk-Raketen belassen, findet The Times:
„Amerikas Arsenal an Tomahawks ist mit etwa 4.000 Stück zwar beträchtlich, aber nicht unbegrenzt. Angesichts der niedrigen Produktionszahlen werden die amerikanischen Befehlshaber zögern, zu viele davon abzugeben, zumal die Raketen für Angriffe auf terroristische Ziele nützlich sind und ständig die Gefahr eines großen Krieges mit China um Taiwan herrscht. Dennoch sollte Trump seine Macht nutzen, um sicherzustellen, dass die Ukraine genügend Raketen erhält, um der russischen Luftabwehr ernsthafte Probleme zu bereiten und sie zu zwingen, ihre Kräfte stärker zu verstreuen. Ein paar symbolische Raketen werden wenig bewirken.“
Für Frieden Nr. 9 braucht es diese Raketen
Trump muss nun über die Bewaffnung der Ukraine Druck auf Russland ausüben, fordert Corriere della Sera:
„Nach seiner persönlichen Zählung behauptet Donald Trump, gerade den 'achten Krieg' beendet zu haben, nämlich den im Nahen Osten. Jetzt ist er bereit, den neunten Krieg zwischen Moskau und Kyjiw zu beenden. ... Es ist klar, dass Amerika nicht denselben Einfluss auf Russland hat wie auf Israel. Dennoch könnte es viel mehr tun. Aber Trump müsste dazu den von Selenskyj ausgearbeiteten Plan akzeptieren: den militärischen Widerstand vor Ort zu verstärken und gleichzeitig die Öl- und Treibstofflager sowie die Rohölraffinerien auf russischem Gebiet mit größerer Härte und Kontinuität anzugreifen. Eben dazu dienen die Tomahawks.“
Krieg könnte nach Russland kommen
Für Putin könnte es sich noch rächen, dass er Trumps Angebote seinerzeit abgeschmettert hat, meint Der Standard:
„'Sie haben nicht die Karten', um Forderungen zu stellen, schulmeisterte Trump Selenskyj beim skandalösen Treffen im Weißen Haus Ende Februar. Am Freitag sehen sie einander an selber Stelle. Und Trump hat dann wie damals die Möglichkeit, Selenskyj die Karten in Form von Tomahawk-Marschflugkörpern mit 2500 Kilometer Reichweite in die Hand zu geben. Damit könnte der von Russland begonnene und prolongierte Krieg nach Russland zurückkehren. Dass er bereit ist, ein starkes Blatt auszuspielen, hat Trump im Nahen Osten bewiesen. Es könnte Putin noch teuer zu stehen kommen, dass er Trump zuvor einen Friedensdeal in der Ukraine verweigert hat.“