Absolute Mehrheit für Tories
Die Konservativen haben laut Hochrechnungen bei der Unterhauswahl in Großbritannien am Donnerstag überraschend die absolute Mehrheit gewonnen. Die Labour-Partei erlitt schwere Verluste und auch die mitregierenden Liberaldemokraten verloren massiv. Die Sozialdemokraten hatten mit ihren linken Forderungen keine Chance, erklären einige Kommentatoren. Andere klagen, dass das Land seinen Platz in der Welt eingebüßt hat - egal, wer regiert.
Labour hatte mit linker Agenda keine Chance
In einem konservativen Land wie Großbritannien ist die Niederlage der Labour-Partei mit ihren betont linken Forderungen bei dieser Wahl keine Überraschung, meint die konservative Tageszeitung The Times: "Man kann in Großbritannien selbst als Nutznießer eines überholten Wahlsystems in einer zersplitterten politischen Landschaft eine Wahl nicht mit einem erklärtermaßen linken Programm gewinnen. ... Es gibt in diesem Land kein echtes Verlangen nach Mieterschutz und Preiskontrollen. Wenn man Unternehmer verschreckt, verängstigt man auch die Menschen, die für solche arbeiten. Wenn man klar macht, dass man an hoher Besteuerung Gefallen findet, darf man nicht überrascht sein, wenn sich die Menschen anderen zuwenden. Tony Blair war es gewohnt, große Mehrheiten zu gewinnen. Er behauptete stets, dass dieses Land in seinem Herzen ein konservatives ist. Man kann nicht so tun, als wäre diese Grundregel aufgehoben worden. Sie besteht nach wie vor."
Liberaldemokraten wurden fürs Regieren bestraft
Das Wahldebakel der Liberaldemokraten zeigt einen beunruhigenden Trend, meint die liberale Boulevardzeitung Expressen: "Wer Verantwortung übernimmt, wird von den Wählern offenkundig nicht belohnt. Die Liberaldemokraten gaben nationalen Interessen den Vorrang vor taktischen Erwägungen, als sie sich nach der Wahl 2010 bereit erklärten, gemeinsam mit den Konservativen die Regierung zu bilden. ... Das Urteil der Wähler dafür fällt hart aus. ... Ähnliche Tendenzen sind in anderen europäischen Ländern zu beobachten. Wenn eine kleine Partei auf die Sympathie der Wähler aus ist, sollte sie lieber in der Opposition meckern. Damit riskieren wir eine Entwicklung, bei der kleine Parteien einerseits immer mehr Stimmen erhalten, andererseits aber wenig motiviert sind, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Beunruhigend ist dies zumal angesichts einer Situation, in der starke Regierungen nötig sind, um unpopuläre Beschlüsse durchsetzen können."
Großbritannien immer unbedeutender in der Welt
Auch wenn sie der Wahlsieger ist, hat die konservative Partei leider gezeigt, dass Großbritannien seine internationale Rolle eingebüßt hat, urteilt die liberale Tageszeitung La Stampa: "Die Wahlkampagne hat ein Vereinigtes Königreich offenbart, dass sich überraschenderweise von zwei seiner größten Stärken entfernt hat: Seine internationale Berufung und seine Regierungsstabilität, die die klare Rollenverteilung von Regierung und Opposition gewährleistete. Spiegelt letztere, die politische Instabilität, eine Tendenz wider, die leider viele europäische parlamentarische Demokratien mit Großbritannien gemein haben, droht erstere, der Verlust der internationalen Berufung, Europa sehr zu schwächen und den Westen zahnlos zu machen. Ohne seine britische Stütze wird Amerika immer mehr dazu verleitet, sein Augenmerk eher auf den dynamischen Pazifikraum als auf Europa zu lenken."