Wie kompetent ist Rumäniens neuer Premier?
Knapp vier Wochen nach der Wahl hat Rumänien eine neue Regierung: Sorin Grindeanu von der sozialdemokratischen PSD wurde am Mittwoch als Chef der sozial-liberalen Regierung vereidigt. Die rumänische Presse lässt kein gutes Haar am neuen Premier und seinem Kabinett.
Vom Hinterbänkler zum Ministerpräsidenten
Rumäniens neue Regierung strotzt vor Mittelmaß, schimpft România Liberă und macht das insbesondere an einer Person fest:
„[Premier] Grindeanu ist der lebendige Beweis für die Mittelmäßigkeit. Er wurde allein dank politischer Intrigen befördert. ... In seiner vierjährigen Amtszeit als Abgeordneter hat er nur 75 Sekunden lang im Parlament gesprochen: als er seinen Eid ablegte. Er war zu einer skandalträchtigen Zeit Mitglied in der Kontrollkommission des Inlandsgeheimdienstes SRI. Er hat damals nicht ein Wort gesagt. … Als 2012 Ponta Premier wurde, hatte der immerhin eine politische Karriere hinter sich und wollte zeigen, dass nicht nur die Nomenklatura in seiner Partei nach oben kommt. Nicht, dass man Ponta loben sollte, doch [PSD-Chef] Dragnea bleibt [mit dieser Regierung] noch unter den Standards von damals. Die neue Regierung ist eine Ansammlung von PSD-Lokalbaronen. ... Grindeanu ist ein gutes Beispiel dafür, aber er ist kein Einzelfall.“
Skandalöses Kabinett
Nicht nur der Premier, sondern sein gesamtes Kabinett ist fragwürdig, ergänzt die ungarischsprachige Tageszeitung Krónika:
„Aus ungarischer Sicht schmerzt am meisten, dass im Kabinett jene Lia Olguţa Vasilescu einen Platz bekommen hat, die ihre politische Karriere in der rechtsradikalen Großrumänien-Partei begann. Ihr Ungarn-Hass müsste eigentlich Grund genug sein, ihr kein Ministeramt in einem Land anzuvertrauen, in dem eine zahlenmäßig große ungarische Minderheit lebt. Doch damit nicht genug: Die Landeskorruptionsbehörde ermittelt auch noch wegen des Verdachts auf Bestechung und Geldwäsche gegen sie. Bedauerlich, ja geradezu ärgerlich, ist auch die Ernennung von Marius Dunca zum Minister für Jugendpolitik. Dunca war es, der nach der Tragödie in der Disco Colectiv als erster zur Verantwortung gezogen und entlassen wurde. Offenbar ist das frühere Leben eines Ministers irrelevant, Hauptsache er ist ein guter Parteisoldat.“
Mann der Geheimdienste
Mit dem neuen Premier erhält Rumäniens Geheimdienst zu viel Macht im Staat, schimpft Ziare:
„Wenn eine Partei, die die Wahlen gewonnen hat und die Mehrheit im Parlament hält, ein Mitglied als Premier vorschlägt, das so eng mit den Geheimdiensten verbandelt ist - Mitglied der Parlamentskommission war, die den Inlandsgeheimdienst SRI kontrollieren sollte und zugleich einen Kurs an der Nationalen SRI-Akademie absolvierte - dann muss man nicht mehr viele Worte über die einheimische Politik verlieren. Es ist umso bestechender, je lauter der Chor in der leicht zu manipulierenden Presse wird, der meint, dass es nicht schlimm sei, dass der politische Raum durch den Geheimdienst unterwandert werde. Man tut ja gerade so, als ob es normal sei, dass in mächtigen Ländern der Premier entweder direkt vom Geheimdienst ernannt wird, oder im Verdacht steht, verdeckter Informant zu sein.“
Handlanger des PSD-Chefs
Die Geheimdienstverbindungen des neuen rumänischen Premiers ist für Gândul hingegen nicht das größte Problem:
„Grindeanu ist vom [Inlandsgeheimdienst] SRI geprüft. Er hat von dort grünes Licht erhalten, was die nationale Sicherheit angeht. Daran ist nichts Ehrenrühriges: Geheimdienstkurse für Parlamentarier gibt es auf der ganzen Welt, einschließlich der USA - angefangen vom Präsidenten bis hin zu Regierungsbeamten, die mit Verschlusssachen umgehen müssen. Für manche sind solche Kurse schmückendes Beiwerk im Lebenslauf. Für andere bedeuten solche Kurse eine Übertretung ethischer Grenzen. Um das von Sorin Grindeanu behaupten zu können, bräuchte man mehr Beweise, als einen kleinen Geheimdienstkurs. Doch um Klartext zu sprechen: Sorin Grindeanu ist nur eine Art 'Stellvertreter-Premier' für [PSD-Chef] Liviu Dragnea - genauso, wie es Sevil Shhaideh gewesen wäre.“