Steht Italien vor der Neuwahl?
Das italienische Verfassungsgericht hat das im vergangenen Jahr reformierte Wahlgesetz teilweise gekippt, es ist in geänderter Form aber dennoch sofort gültig. Somit kann Präsident Mattarella angesichts der Regierungskrise noch für dieses Jahr Neuwahlen ansetzen, oder aber die Legislaturperiode bis zu ihrem Ende 2018 abwarten. Italiens Presse erklärt, was bei seiner Entscheidung mitschwingen dürfte.
In der Sackgasse
Neuwahl oder bis 2018 warten - Italien hat die Qual der Wahl, konstatiert La Repubblica:
„Somit steht Italien gelähmt vor dem Scheideweg: Es kann den Weg einschlagen, den [Ex-Premier] Renzi wünscht: vorgezogene Wahlen. In dem Fall droht dem Land die Unregierbarkeit. Denn mit dem [jetzt gültigen Wahlrecht] Legalicum kann niemand gewinnen. Die 40 Prozent [die von den Verfassungsrichtern für die automatische Parlamentsmehrheit festgesetzt wurden] sind für alle Parteien außer Reichweite. ... Oder aber das Land wählt den Weg, den Staatspräsident Mattarella wünscht: die Legislaturperiode bis zum Ende weiterführen. ... In dem Fall droht Italien mit den aktuellen prekären politischen Gleichgewichten der Stillstand. Was kann der auch noch so gut gewillte [Premier] Gentiloni bis 2018 schon ausrichten, über dem das Damoklesschwert der Bankenkrise und [der Defizitverhandlungen mit] Brüssel schwebt? Nicht viel.“
So stehen sich die Fronten gegenüber
Wer sich in Italien für die Neuwahl ausspricht und wer diese fürchtet erklärt La Stampa:
„Für die vorgezogene Wahl sind [der sozialdemokratische Ex-Premier] Renzi, [Movimento Cinque Stelle-Chef] Grillo, [Lega Nord-Chef] Salvini und Giorgia Meloni [von der rechtspopulistischen Partei Fratelli d´Italia]. ... Hinter der Front, die erst 2018 wählen gehen will, hingegen bewegen sich Kräfte, die der ein oder andere immer noch als 'starke Mächte' bezeichnet: ein Teil des Vatikans, die Repräsentanten wichtiger europäischer Länder, die Notenbank Bankitalia, die Vorstände italienischer Geldinstitute, die Beobachter ausländischer Geschäftsbanken, der Industrieverband Confindustria. Diese Gruppe plagt die Angst, dass Italien wieder zurückfällt, obwohl es in den letzten Jahren wichtige Reformen angepackt hat.“