Gewinnt ein Ex-Spitzel die Wahl in Tschechien?
Eine Woche vor der tschechischen Parlamentswahl hat das Verfassungsgericht der Slowakei ein Gerichtsurteil zu Andrej Babiš kassiert. Dieses sollte den in der Slowakei geborenen Favoriten der Wahl vom Verdacht der Kungelei mit dem kommunistischen Geheimdienst ŠtB reinwaschen. Doch seine Siegchancen bei der Wahl sind auch nach der juristischen Niederlage kaum geschmälert, glauben tschechische und slowakische Kommentatoren.
Geheimdienst-Karriere kein Makel mehr
Babiš Gegner werden kaum Vorteile aus dessen gerichtlichen Niederlage ziehen, meint Denik:
„Die Konkurrenten überschätzen das historische Gedächtnis der Wähler. Die leiten die Qualifikation von Politikern aus deren aktueller Form ab; die Vergangenheit spielt für sie keine Rolle. Die Umfragewerte von Babiš sind nicht abhängig von seiner moralischen Integrität unter dem früheren Regime, sondern hängen mit seiner erfolgreichen kapitalistischen Karriere zusammen. Dank derer ist er für die Wähler ein Spitzenmanager. Der Verdacht der Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit war vor zwanzig Jahren ein politisches Handicap. Man fürchtete damals, solche Politiker seien wegen ihrer Vergangenheit erpressbar. Heute spielt das längst keine Rolle mehr.“
Wer einen Lügner wählt, wählt auch einen Spitzel
Einen Sieg der Rechtsprechung erkennt Dennik N, glaubt aber, dass er die Anhänger von Andrej Babiš nicht kümmern wird:
„Die Materialien der Stasi, inklusive der Spitzeldateien, sind historische Dokumente. Es ist die Aufgabe der Stasi-Unterlagenbehörde, sie zu veröffentlichen. Nur so kommt man zur historischen Wahrheit. Der Richterspruch wird zwar viele anständige Menschen erfreuen und Geschichtsfälschung künftig erschweren. Doch die Wähler von Babiš wird er nicht erschüttern. Wer sich nicht daran stört, dass jemand wie Babiš permanent seine politische Macht für die eigene Bereicherung missbraucht und wiederholt beim Lügen erwischt wird, den stört auch keine Zusammenarbeit mit der Stasi.“