Verändert die IOC-Strafe gegen Russland Olympia?
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat Russland von den Winterspielen 2018 in Pyeongchang ausgeschlossen. Russische Sportler, die beweisen, dass sie sauber sind, dürfen aber ohne Flagge und Hymne starten. Diese Strafe für das staatlich orchestrierte Doping in Sotschi 2014 kritisieren einige Journalisten scharf. Für andere hingegen ist sie ein Anlass, Olympia neu zu denken.
Unschuldige Sportler werden bestraft
Dnevnik ist mit der harten Strafe für Russlands Athleten nicht einverstanden:
„[Hier] wurde das Prinzip der Beweislastumkehr angewandt. Russische Sportler müssen vor der IOC-Dopingkommission beweisen, dass sie keine unerlaubten Substanzen nehmen und erst dann bekommen sie eine Sondereinladung. Noch umstrittener wird das Ganze dadurch, dass diese Sportler dann nur unter einer neutralen Flagge teilnehmen dürfen - der olympischen Flagge, ohne nationale Symbole. ... Es werden auch diejenigen bestraft, die unschuldig sind. Als sei man automatisch gedopt, nur weil man in Russland lebt und trainiert. Rund 99 Prozent der russischen Wintersportler sind angeblich sauber. Viele von ihnen zweifeln daran, dass die Amerikaner bei den gleichen Vergehen auf ebenso drastische Weise bestraft würden.“
Bringt Olympia zu seinen Ursprüngen zurück!
Dass die russischen Athleten jetzt unter neutraler Flagge antreten, ist für den Guardian eine willkommene Inspiration:
„Das IOC sollte noch weitergehen und alle Athleten so behandeln wie jetzt die russischen. So könnte es dem ungezügelten Chauvinismus ein Ende setzen - der 1936 mit Hitler begann - und alle Sportler einladen, die Spiele als Weltbürger zu bestreiten. Der englische Schriftsteller Bernard Levin hat gar angeregt, die Athleten nackt antreten zu lassen, so wie einst im antiken Griechenland, und die Spiele komplett von nationalistischen Symbolen zu befreien. Das ständige Bohei um die Mannschaften und ihre Uniformen, Flaggen, Hymnen und die hysterischen Kommentatoren haben die olympischen Spiele zur Parodie einer Fernsehtanzshow verkommen lassen.“
Sport ohne Doping ist ein frommer Wunsch
Russlands Dopingeinsatz ist skandalös, doch Beifall ist nach der IOC-Entscheidung trotzdem fehl am Platz, meint Mladá fronta dnes:
„Der Umfang des Dopingskandals erinnert an die schlimmsten Zeiten des Kalten Krieges. ... An Zeiten, da die Gesundheit der Sportler nur ein unbedeutendes Detail im Kampf der feindlichen Giganten war. ... Russland kommt mit dem Kompromiss von Lausanne noch gut weg. Die Athleten dürfen sich 'Olympische Sportler aus Russland' nennen, was nicht völlig neutral klingt. Andererseits schmerzt es jeden, der ohne Fahne und ohne die offizielle Landesbezeichnung an den Start gehen muss. ... Wer freilich glaubt, dass nach dem Spruch von Lausanne der Sport sauber und fair wird, glaubt an ein Märchen.“
Endlich kommen die Großen nicht ungestraft davon
Das IOC hat mit seiner Entscheidung ein starkes Signal gesendet, lobt hingegen De Telegraaf:
„Auf der einen Seite wurden die Rechte der individuellen Sportler respektiert, andererseits die Verantwortlichen hart angegangen. So muss es auch sein. Meistens geschieht dies aber nicht, in dem politischen Spiel, in dem oft die Kleinen geopfert werden, um die Großen ungestraft zu lassen. ... Das IOC hat mit den Sanktionen endlich deutlich gemacht, dass die Glaubwürdigkeit des Sports über allem steht. Auch über der Weltpolitik.“
Moskaus Sportpolitik ist ein Albtraum
Die IOC-Entscheidung findet Dagens Nyheter richtig und fragt sich, ob sie auch Einfluss auf andere Sportereignisse haben wird:
„Im Sommer richtet Russland die Fußball-WM aus und es ist unmöglich, dass die Fifa weiter den Kopf in den Sand steckt. Einer der Hauptverantwortlichen dafür, dass Russland nicht bei der Olympiade dabei ist, ist Vitali Mutko. Der ehemalige Sportminister Putins wird als derjenige angesehen, der das Staatsdoping vor und während Sotschi befohlen hat. Was macht Mutko heute? Er ist verantwortlich für die Fußball-WM in Russland. Wieder ein Beweis dafür, dass die ganze Geschichte dreckiger ist, als es sich die Traumfabrik Hollywood je ausdenken könnte. ... Das ist die Realität. Sie ist ein Alptraum.“
Russische Fans sollten Flagge zeigen
Nach der IOC-Entscheidung wird in Russland erwogen, aus Protest komplett auf die Olympiateilnahme zu verzichten. Die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti hält dies für falsch:
„Wir haben gute Chancen, aus Pyeongchang dutzende Medaillen mitzubringen. Diese Chancen darf man nicht den Konkurrenten überlassen. ... Unsere Fans haben schon einige Male gezeigt, wie sie die Hymne singen können, wenn sie aus irgendwelchen Gründen im Stadion nicht erklang. Wir sollten zusammen mit den Sportlern nach Pyeongchang fahren und die Hymne selbst singen. Mit Flaggen auf die Tribünen gehen. Das kann das IOC nicht verbieten. Die Spiele in Korea können ein Triumph für Russland werden. Wir werden in schwierigen Momenten nur stärker.“