Puigdemont soll wieder Katalonien führen
Die beiden großen Unabhängigkeitsparteien Kataloniens haben sich auf die Bildung einer Regionalregierung geeinigt. Sie soll von dem im Oktober abgesetzten Ministerpräsidenten Carles Puigdemont geführt werden, dem bei seiner Rückkehr nach Spanien eine Haftstrafe droht. Er soll per Videokonferenz gewählt werden. Mögliche Lösung oder weiteres Öl ins Feuer?
Madrid muss Verfassung respektieren
Indem die Regierung in Madrid an der Strafverfolgung Puigdemonts festhält, zeigt sie sich als schlechte Verliererin, meint die taz:
„Die Befürworter der Unabhängigkeit haben die Wahlen gewonnen und damit erneut die absolute Mehrheit im Autonomieparlament. Politiker wegen 'Wiederholungsgefahr' für inexistente Delikte in U-Haft zu halten oder ihnen im Falle der Rückkehr mit Verhaftung zu drohen, ist ein politisches Manöver, um das Ergebnis demokratischer Wahlen auszuhebeln. Was hier geschieht verdient nur einen Namen: politische Verfolgung. Puigdemont hat, wie auch die anderen Exilierten und Inhaftierten, das verfassungsmäßige Recht, Parlamentarier zu sein und sich für Ämter zu bewerben, solange er nicht verurteilt ist. Madrid muss diese Rechte gewähren.“
Zirkus der Separatisten geht weiter
Für El País ist die Ankündigung einer Wahl Puigdemonts per Video hingegen ein Trick der Separatisten:
„Angesichts mangelnder konstruktiver Vorschläge zur Regierungsbildung ziehen es Puigdemont und seine Anhänger vor, weiter Öl ins Feuer zu gießen, anscheinend in der falschen Annahme, die Welt würde sich empört gegen den vermeintlichen Unterdrückerstaat wenden, der es wagt, einen demokratisch gewählten Ministerpräsidenten daran zu hindern, sein Land zu betreten. ... Doch wie man es auch dreht und wendet: Die Amtseinführung Puigdemonts durch eine Videokonferenz oder einen Vertreter widerspricht sowohl dem Gesetz als auch dem Menschenverstand. Nicht der Staat, der dies verhindert, geriete in Misskredit, sondern die Politiker, die sich nicht scheuen, Katalonien in einen großen Zirkus zu verwandeln. Das Ganze wäre lachhaft, stünde dabei nicht so viel auf dem Spiel.“
Konflikt schadet nur der fragilen Wirtschaft
Im Katalonien-Konflikt sollten beide Seiten dringend einen Kompromiss finden, um den wirtschaftlichen Aufschwung der vergangenen Jahre nicht zu gefährden, meint Finanz und Wirtschaft:
„Der Preis der langen Finanz- und Wirtschaftskrise war enorm, zuerst wirtschaftlich, dann sozial, auch politisch mit der Infragestellung der bisherigen klassischen Grossparteien, und endlich auch territorial, wie der ungelöste Konflikt in Katalonien zeigt. Katalonien ist heute die Achillesferse der spanischen Demokratie. Es werden die vereinten Kräfte aller politisch Beteiligten nötig sein, um die Wogen zu glätten, einen Neuanfang zu ermöglichen, um die katalanische Gesellschaft zu versöhnen, um die wirtschaftliche Prosperität in dieser Region aufrechtzuerhalten und die guten Aussichten ganz Spaniens nicht zu gefährden. Eine Herkulesarbeit.“