Sollten lettische Ex-KGB-Agenten enttarnt werden?
Lettland hat erstmals einige der im Land verbliebenen Dokumente des früheren sowjetischen Geheimdienstes KGB veröffentlicht. Das Nationalarchiv stellte kurz vor Weihnachten auf einer eigens eingerichteten Website die ersten der gut 25 Jahre unter Verschluss gehaltenen Unterlagen online. Doch der Schritt ist in der lettischen Presse umstritten.
Kein Mitleid mit den Spitzeln
Neatkarīgā verwahrt sich gegen Barmherzigkeit mit denjenigen, die nun als ehemalige Denunzianten enttarnt wurden:
„Es gibt tausende einfache Menschen, die in der Sowjetzeit unter den Berichten der KGB-Spitzel litten. Sie haben keine Beförderung bekommen, bekamen keine lang erwartete Wohnung, keine Dienstreisen ins Ausland, sie wurden von den Hochschulen ausgeschlossen. Ganz zu schweigen von denjenigen, deren Leben noch brutaler zerstört wurde. Diejenigen, die tatsächlich unter den Berichten der KGB-Spitzel litten, haben das Mitgefühl und die moralische Unterstützung der Gesellschaft verdient. Stattdessen versucht man, Mitleid für die zu erzeugen, die anderen Menschen Schwierigkeiten bereitet haben. So eine verquere Art von Mitleid!“
Rachegefühle sind schlechte Berater
Die Veröffentlichung der KGB-Akten ist voreilig, obgleich sie erst mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Zerfall der Sowjetunion geschieht, findet Tvnet:
„So wie die Bolschewiki die Menschenrechte ihrer Bürger in der Sowjetunion verletzt haben, tat dies nun auch der lettische Präsident Raimonds Vējonis mit seinem Beschluss, das Rohmaterial zu veröffentlichen. Er erlaubte und unterstützte es, anstatt den wissenschaftlichen Forschungsprozess produktiv zu Ende zu bringen und erst dann das Ergebnis zu veröffentlichen. Man bekommt den Eindruck, dass viele nur an einer privaten Abrechnung interessiert sind. Stattdessen sollte man das Volk darüber informieren, was tatsächlich passiert ist.“