Größter Lehrerstreik in Polens Geschichte
Lehrer an polnischen Schulen verdienen durchschnittlich 700 Euro pro Monat - zu wenig zum Leben, klagen viele. Die Regierung lehnt eine Gehaltserhöhung ab und schlägt vor, die Arbeitszeit der Lehrer zu erhöhen, damit sie mehr Geld verdienen. Das akzeptieren die Gewerkschaften nicht und rufen am heutigen Montag zum größten Lehrerstreik der polnischen Geschichte auf. Nicht alle Medien solidarisieren sich.
Die Lehrer sollen die Buhmänner sein
Die Regierung will den Lehrern die Schuld in die Schuhe schieben, kritisiert Rzeczpospolita:
„Der Vorschlag eines 24-Stunden-Pensums in Klassenzimmern (statt des aktuellen 18-Stunden-Pensums) bedeutet, dass die Arbeit, die momentan vier Lehrer ausführen, in Zukunft drei leisten sollen. ... Keine Gewerkschaft kann auf eine solche Lösung eingehen. ... In diesem Stadium geht es nur um Emotionen: darum, wen die Mehrheit der Gesellschaft dafür verantwortlich macht, dass die Mehrheit der Kinder am 8. April nicht zur Schule gehen kann. Mit ihren Vorschlägen will die Regierung erreichen, dass die Gesellschaft die Lehrer dafür verantwortlich macht. Mit jedem Tag des Streiks wächst die Frustration der Eltern, die für ihre Kinder sorgen müssen. Und wenn sich dieser Frust gegen die Lehrer richtet, ist der Streik für sie kontraproduktiv. Darauf zählt wohl das Regierungslager.“
Kostspielige Lektion in politischer Bildung
Der Streik am heutigen Montag verletzt das Gemeinwohl, kritisiert wPolityce.pl:
„Es ist erwähnenswert, dass die spektakulären und oft heftigen Proteste der 'Gelbwesten' in Frankreich samstags stattfinden, um die Volkswirtschaft nicht zu schädigen! Am Montag gehen die französischen Bürger zur Arbeit, unabhängig von ihren Ansichten und den Konflikten und trotz mehrerer Monate der Proteste und der weit verbreiteten Unzufriedenheit. Sie berücksichtigen damit das Gemeinwohl. In Polen kann man sich anscheinend kostspielige Protestformen leisten, denn man ist wohl sehr reich, anders als die armen Franzosen. ... Der Streik kann aber zumindest eine demonstrative Unterrichtsstunde in politischer Bildung sein, dieses Mal nicht in der Schule, sondern in den Familien.“