Russland: Verfassungsreferendum trotz Corona?
In Russland ist das Paket an Verfassungsänderungen - inklusive der Möglichkeit für Putin, sein Amt zu behalten - in den letzten Tagen im Eilverfahren vom Föderationsrat, allen Regionalparlamenten und auch vom Verfassungsgericht gebilligt worden. Eigentlich soll nun am 22. April noch das Volk über die Reform befinden. Doch nun stellt die Corona-Krise den Termin infrage.
Absage in letzter Minute möglich
Es könnte Putin durchaus recht sein, die Volksbefragung ausfallen zu lassen, spekuliert Ilta-Sanomat:
„Laut offiziellen Zahlen vom Dienstag hat sich das Coronavirus in Russland auf fünfzehn verschiedene Regierungsbezirke ausgebreitet, und es gibt 114 Erkrankte. … Es ist durchaus möglich, dass in Russland eine Coronavirus-Zeitbombe tickt, was der Kreml aber nicht zugeben will. Ein Grund für das Abwiegeln könnte die anstehende Verfassungsreform sein. … Unter Umständen überlegt man im Kreml derzeit, was das größere Risiko darstellt: eine Volksabstimmung trotz Corona oder eine Verschiebung des Referendums. Es ist möglich, dass Putin noch taktiert und etwas wartet, um dann den landesweiten Corona-Notstand auszurufen, auf dessen Basis die Verfassungsänderungen rasch und ohne Referendum in Kraft treten können.“
Volksbefragung ist ohnehin eine Farce
Echo Moskwy appelliert an Putin, auf das Referendum zu verzichten:
„Wir werden dafür 15 bis 20 Milliarden Rubel ausgeben (in einer Krisenlage) und müssen dafür etwa 100.000 Wahllokale öffnen (und das ist gefährlich wegen des Coronavirus). ... Deshalb folgende Bitte: 20 Jahre Erfahrung haben Ihnen wie auch dem Volk gezeigt, wie exakt Ihre Hoffnungen und Wünsche in Erfüllung gehen, wenn man sie dem Votum der Bevölkerung überlässt. Wozu also in so schwerer Zeit so viel Geld ausgeben und noch dazu für gefährliches Gedränge sorgen? ... Erklären wir doch einfach schon jetzt das Votum vom 22. April für erfolgt und veröffentlichen das Ergebnis: Beteiligung 75 Prozent, 85 Prozent Ja-Stimmen. Wenn Sie wollen, gerne auch mehr - anfechten kann man das Ergebnis ohnehin nicht.“