Wie viel Rassismus offenbart die Corona-Krise?
Immer wieder wird vor den Auswirkungen von Covid-19 auf afrikanische Staaten gewarnt, deren Gesundheitssysteme besonders schlecht für die Pandemie gewappnet seien. Kommentatoren widersprechen dieser Sichtweise und schildern, wo überall sie im Umgang mit der Corona-Pandemie Rassismus erkennen.
Wir sprechen uns nach der Pandemie!
Hinter der Warnung, die eigentliche Katastrophe stehe in Afrika bevor, versteckt sich ein kolonialer Blick, empört sich Felwine Sarr, Sozialwissenschaftler an der sengalesischen Université Gaston Berger, in der Süddeutschen Zeitung:
„Immer die alte rassistische Herablassung, die sich nicht die Mühe macht, die Wirklichkeit wahrzunehmen. ... Dass die meisten afrikanischen Länder sehr früh teils drastische Maßnahmen ergriffen haben, während manche europäischen Länder schliefen, spielt keine Rolle. Man sagt uns das Schlimmste voraus. Es ist Afrika! Unvorstellbar, dass der Kontinent glimpflich davonkäme. Man vergisst dabei, dass Afrika eine lange Erfahrung mit Infektionskrankheiten hat. Und eine größere Belastbarkeit Schocks gegenüber. Wir sprechen uns nach der Krise!“
Die Fäulnis tritt zutage
Die Reaktion auf die Corona-Krise zeigt, dass Rassismus noch immer weit verbreitet ist, klagt The Guardian:
„Auf ethnischen Kriterien basierende Ungleichheiten und Ungleichbehandlungen haben eine lange Tradition. So ist es wenig überraschend, dass sich in der Reaktion auf die Corona-Krise häufig eine koloniale Denkweise zeigt. Sie hat sich etwa zu einem frühen Zeitpunkt dadurch geäußert, dass viele Ratschläge nicht ernst genommen wurden, wenn sie aus ostasiatischen Ländern kamen. Sie zeigt sich auch durch die Debatte in Frankreich, bei der Wissenschaftler anregten, neue Impfstoffe zuerst an Afrikanern zu testen. ... Covid-19 schafft es, die Fäulnis in unseren gesellschaftlichen Systemen ans Licht zu bringen.“