Türkisches Parlament wird hundert Jahre alt
In der Türkei hat sich am Freitag die Gründung des Parlaments zum hundertsten Mal gejährt. Offizielle Zeremonien fanden im ersten Parlamentsgebäude in Ankara statt. Wegen der Corona-Pandemie gab es jedoch keine Feierlichkeiten für die Bürger - wie sie in anderen Jahren an diesem Tag üblich sind. Das Gedenken war diesem historischen Anlass unwürdig, finden Kommentatoren.
Nur schöne Worte
Dass die türkische Politik in der Realität völlig anders aussieht als in den Festreden propagiert wurde, kritisiert Hürriyet Daily News:
„Die Botschaften waren im Einklang mit dem Geist des 100. Jahrestags des Parlaments, aber man könnte argumentieren, dass sie nicht so sehr im Einklang mit der Realität waren. Eine große Kluft zwischen den politischen Parteien, die durch die unheilbare Polarisierung aufgebrochen ist, untergräbt die Rolle des Parlaments und negiert den Volkswillen. Beschwerden und Feindschaften sollten keinen Platz in der Politik haben, Dialog und Toleranz hingegen schon, wie die Vertreter der Parteien auf der Sondersitzung am 23. April vorschlugen.“
Virus kommt Regierung sehr gelegen
In vergangenen Jahren hat die AKP-Regierung hin und wieder Nationalfeiertage, die von Atatürk eingeführt worden waren, ausfallen lassen. Die kemalistische Tageszeitung Sözcü schimpft in einem vor dem Feiertag geschriebenen Kommentar, dass auch jetzt ein Vorwand dafür gefunden wurde:
„In der Geschichte der Türkischen Republik sind hundert Jahre ein wichtiger Meilenstein und müssten mit großer Begeisterung gefeiert werden. Und werden wir ihn feiern? Leider nein! Das Coronavirus kam der Regierung sehr gelegen, sie hat für das Fest der Nationalen Unabhängigkeit und des Kindes am 23. April eine Ausgangssperre verhängt. ... Die darauffolgenden Tage sind auch bis Sonntag Nacht um 24 Uhr vom Ausgangsverbot betroffen... Unser Volk wird also den 23. April nicht feiern können.“