Rumänien: Bürgermeister wechseln die Seiten
In Rumänien finden Ende September Kommunalwahlen statt. Aktuell ist zu beobachten, dass Mandatsträger in Massen zu der Partei überlaufen, die die besten Chancen auf einen Wahlsieg bei der kommenden Parlamentswahl hat. Woher kommt dieser plötzliche Sinneswandel bei den Kommunalpolitikern?
Geld fließt nur zur "richtigen" Partei
Hinter den Wanderungsbewegungen entdeckt Libertatea eher blanke Not statt Opportunismus:
„Das System, finanzielle Mittel gezielt den Bürgermeistern aus einer bestimmten Regierungspartei zuzuteilen, zerstört die rumänische Demokratie mehr als alles andere. Die manchmal verzweifelten Bürgermeister haben keine andere Lösung, an das für ihre Kommunen notwendige Geld zu kommen und laufen deshalb zur Partei über, die die Mittel verteilt. Es handelt sich um menschliche Schwäche und Unfähigkeit der Stadtherren, aber auch um ein übles System, in dem die Bürger ignoriert und an ihrer Weiterentwicklung gehindert werden, wenn sie keinen oder auch nur den falschen Parteiausweis haben.“
Seiten wechseln ist doch normal
Dilema Veche kann die Aufregung nicht verstehen:
„Wir schenken diesem Überläuferphänomen viel zu viel Aufmerksamkeit. Dass Politiker die Partei, ja sogar das ideologische Lager wechseln, passiert überall und ist normal in einer freien Welt. Die Menschen überlegen es sich anders und ihr Recht, es sich anders zu überlegen, ist die direkte Konsequenz der Gedankenfreiheit. ... Wie kann man es normal finden, dass jemand seinen Ehemann oder seine Ehefrau verlässt, weil man einander nicht mehr versteht und dann wieder heiratet, oder dass jemand seine Religion wechselt, heute an einen Gott glaubt und morgen an einen anderen, und es zugleich aber unzulässig finden, dass ein Parlamentarier aus seiner Partei austritt und zu einer anderen geht?“