Wer regelt den Zugang zu Impfstoffen?
Die Meldungen aus der Pharmaindustrie zur Wirksamkeit ihrer Covid-Impfstoffe machen Hoffnung auf ein absehbares Ende der Pandemie. Doch viele Fragen sind noch ungeklärt, darunter vor allem jene, wie die Impfstoffe global gerecht verteilt werden können. Medien streiten darüber, ob der Markt diese heikle Frage lösen soll oder ob die Weltgesundheit über dem wirtschaftlichen Erfolg der Hersteller steht.
Der Markt beschleunigt die Innovation
Auf die Frage, ob die Rezeptur der Impfstoffe für alle zugänglich sein sollte, antwortet Thomas Cueni, Chef des Verbands der Schweizer Pharmaindustrie, in Le Temps:
„Es ist enttäuschend, dass einige Akteure vorschlagen, den nationalen und internationalen gesetzlichen Rahmen für geistiges Eigentum während der Pandemie zu schwächen. Gerade weil die Industrie auf jahrzehntelange Forschung und ein starkes Innovations-Ökosystem zurückgreifen kann, können wir jetzt Licht am Ende des Tunnels sehen. Es ist Innovation, angetrieben durch das System des geistigen Eigentums, die uns helfen wird, diese Pandemie und wahrscheinlich noch viele andere zu überstehen.“
Der Markt zerstört die Weltgesundheit
Corona-Impfstoffe sollten ein öffentliches Gut sein, argumentiert Riccardo Petrella, Sozial- und Politikwissenschaftler sowie führende Figur der Antiglobalisierungsbewegung, in Le Soir:
„Wenn Covid-Impfstoffe, wie in den letzten Monaten von vielen Staaten und Organisationen vorgeschlagen, ein globales öffentliches Gut sein müssen, können sie nicht von privaten Organisationen 'hergestellt' werden. Staaten, die 'Impfstoffe der Völker' als 'globale Kollektivgüter' befürworten, müssen auf der Sondersitzung der Uno-Generalversammlung die Unternehmen, die eine Genehmigung für den Vertrieb ihres Impfstoffs erhalten werden, darüber informieren, dass sie auf Zwangslizenzen zurückgreifen werden, also auf die Nichtanwendung der Patentregeln für die Therapie gegen Covid-19. Das universelle Recht auf Gesundheit ist unter dem gegenwärtigen System, das auf privaten Gesundheitsmonopolen, etwa durch Patente, beruht, unmöglich zu verwirklichen.“