Britischer Impf-Spurt weckt neidische Blicke
Großbritannien ist mit über vier Millionen Infizierten und mehr als 117.000 Toten eins der am stärksten von Corona betroffenen Länder Europas, sein Krisenmanagement wurde vielfach kritisiert. Nun aber hat das Königreich beim Impfen die Nase vorn: 90 Prozent der über 70-Jährigen haben bereits eine Spritze erhalten, Premier Boris Johnson versprach deshalb "vorsichtige, aber unumkehrbare" Lockerungen.
London hatte die effektivere Strategie
Die Briten haben nicht lange gefackelt, lobt Times of Malta:
„Britische Verhandlungsführer haben die bürokratischen Hürden im öffentlichen Beschaffungsprozess der Impfstoffe einfach abgebaut. Sie haben verstanden, wie gefährlich eine Verzögerung in dieser globalen Gesundheitskrise sein kann. Und sie haben tief in die Tasche gegriffen, um Lieferverträge für einen Markt abzuschließen, auf dem – was immer klar war – die Nachfrage kurzzeitig das Angebot bei Weitem übersteigen würde. Die Reaktion der Europäischen Kommission angesichts des gescheiterten Beschaffungsprozesses ihrerseits, war bestenfalls erbärmlich. Anstatt ihren Fehler zuzugeben, suchte sie einen Sündenbock und beschuldigte sie Astrazeneca einer groben Vertragsverletzung.“
Unis und Unternehmen Seite an Seite
Großbritanniens Erfolg beim Impfen liegt auch daran, dass das Königreich zur Weltspitze der Biotechnologie zählt, erklärt Marc Roche, London-Korrespondent von Le Soir:
„Die britischen Unis können völlig frei Partnerschaften mit der Privatwirtschaft abschließen, um ihre Entdeckungen kommerziell auszuschöpfen. Die Unternehmen offerieren die Finanzierung, das industrielle Knowhow und die technologische Unterstützung. Die Alma Mater stellt das neuste Wissen ihrer Professoren und Forscher zur Verfügung. Wie in Kalifornien haben eine Reihe von multinationalen Konzernen ihren eigenen Campus im Dreieck Cambridge-Oxford-London errichtet, um Doktoranden einzustellen und Forschungsarbeiten zu finanzieren. Die Universität behält in der Regel das Patent. Eine Win-Win-Situation.“
Der Brexit tut Großbritannien gut
Offenbar erweist sich der Brexit hinsichtlich der Pandemie als segensreich, lobt Visão:
„Kein Teil der EU zu sein kann viele negative Aspekte haben. Tatsache ist, dass Großbritannien in einer globalen Gesundheitskrise, in der die einzigen Auswege allgemeine Einschränkungen oder die Impfung sind, vorbildlich dasteht: Heute sind pro 100 Menschen 23 [Dosen verabreicht], bei den über 70-Jährigen, beim Krankenhaus- und Gesundheitspersonal, in den Altenheimen und bei den Menschen mit schweren Erkrankungen sind bereits alle [sic] geimpft. ... In Israel sind pro 100 Menschen bereits 74 [Dosen verabreicht] und es ist eine Herdenimmunität erreicht. Die Briten werden dieses Niveau im Frühsommer erreichen. … Boris Johnson nutzte direkt die britische Souveränität und Finanzkraft. Ein solcher Brexit ist gut.“