Flucht aus der Türkei: Pikante Pass-Affäre
Hunderte türkische Bürger sollen 2020 mit Dienst-Reisepässen visafrei nach Deutschland eingereist und dann untergetaucht sein. Das berichten türkische Medien. In einem Fall fungierte ein Unternehmer aus Hannover als Einlader, vier Beamte in der AKP-regierten Provinz Malatya wurden suspendiert. Für die "grauen Pässe" sollen die Fluchtwilligen bis zu 8.000 Euro gezahlt haben.
Die Menschen wollen einfach nur weg
Die Affäre ist ein Armutszeugnis für die Türkei, erklärt Karar:
„Laut Studien sehen 45 Prozent der Jugendlichen - laut manchen Umfragen sogar 75 Prozent - ihre Zukunft im Ausland und wollen dort studieren, arbeiten oder einfach leben, wenn sich ihnen eine Chance dazu bietet. Ein grauer Pass würde dafür genügen. Unser normaler Pass nicht, aber unser grauer Pass ist sehr wertvoll, das kann niemand leugnen! Ist es nicht beängstigend, in einem Land zu leben, in dem Frauen und Männer so hoffnungslos sind, dass sie erwägen, Flüchtlinge zu werden, und selbst junge Menschen einen Weg suchen, um zu gehen?“
Wer ist hier auf wen neidisch?
Erstaunlich, dass AKP-Beamte AKP-Anhängern zur Flucht verhelfen, spottet die oppositionelle Sözcü:
„Menschenhandel fehlte noch bei der AKP, jetzt ist es soweit! ... Dabei hatte uns [die Regierung] doch erzählt, dass die Wirtschaft gut läuft, wir uns schnell entwickeln, die Arbeitslosigkeit abnimmt, wir zum Mond fliegen und einen Mensch in den Weltraum schicken werden! Da kann das arme Deutschland doch nicht anders als neidisch auf uns sein! Aber etwas Komisches passierte. 43 AKP-ler sind ins neidische Deutschland geflüchtet! ... Die AKP-geführte Verwaltung der Stadt Yeşilyurt hat 47 Parteimitgliedern für eine Studienreise einen grauen Pass ausgestellt. Der Konvoi ist ohne Visa nach Deutschland eingereist, aber von den 47 AKP-lern sind nur 4 zurückgekehrt! ... Das wird als schlechte Note in das Parteizeugnis eingehen.“