Estland/Finnland: Wenn Pendeln zum Politikum wird
Die estnische Premierministerin Kaja Kallas hat in einem offenen Brief an ihre finnische Amtskollegin Sanna Marin eine Lösung im Streit um Berufspendler gefordert. Helsinki erlaubt die Einreise ohne Quarantäne derzeit nur aus Malta und Island. Tausende Esten müssen deshalb seit Anfang des Jahres, als die Regeln verschärft wurden, wählen zwischen ihrem Job auf der einen und ihren Familien auf der anderen Seite der Grenze.
Nur eine stinknormale bilaterale Beziehung
Von einem schweren Moment in den estnisch-finnischen Beziehungen spricht Kristi Raik, Direktorin des Estonian Foreign Policy Institute. Sie lebt und forscht seit Jahren in Finnland und sagt im Interview mit ERR Online:
„Estlands Geduld war letzte Woche am Ende. Die finnischen Entscheidungen wurden so ungerecht und direkt gegen Estland gerichtet, dass den in Finnland arbeitenden Esten die Einreise nur per Flugzeug, aber nicht per Schiff erlaubt wurde. Was Estland wirklich empört hat, ist, dass Finnland sich stur weigert, eine Sonderlösung für Estland auch nur zu diskutieren. Wir denken oft, dass wir mit Finnland eine Sonderbeziehung haben. Aber Finnland sieht das nicht so. So reden wir aneinander vorbei.“
Diplomatisch handeln
Finnland muss eine Lösung für die estnischen Pendler finden, fordert Ilta-Sanomat:
„Trotz der Impfungen ist die Epidemie in Europa noch nicht vollständig unter Kontrolle. … Im letzten Winter verschlechterte sich innerhalb kürzester Zeit die Infektionslage in Estland und gehörte zu den schlimmsten in Europa. Damals mussten die Beschränkungen verschärft werden. Endlos kann man dies aber nicht fortsetzen. … Die Lage der estnischen Beschäftigten muss so schnell wie möglich in Rahmen des Machbaren verbessert werden. Finnland sollte diplomatisch vorgehen und die Gefühle der Esten achten. Dauerhaft wird dies die Beziehung der beiden Länder aber sicherlich nicht belasten.“