Estland: Wälder zerstören und kassieren?
Estlands Regierung will dem staatlichen Energieunternehmen 10 Millionen Euro Zuschuss über zwei Jahre zahlen, um in alten Kraftwerken Holz zu verbrennen. Ziel: die Energiekosten im strukturschwachen Nordosten des Landes niedrig halten. Estland ist sehr waldreich, doch seit Tallinn 2015 Kahlschlag auch in Naturschutzgebieten erlaubte, schrumpfen die Flächen. Die Landespresse schüttelt den Kopf.
Wider besseres Wissen
Eesti Päevaleht hält den Plan für einen Affront gegen den gesunden Menschenverstand:
„Fünfhundert Wissenschaftler flehen die Politiker an, auf solche Praktiken zu verzichten, denn sie vernichten Artenvielfalt und begünstigen die Klimaerwärmung. ... Damit zeigt die Koalition auch, dass sie keinen langfristigen Plan hat, um die Probleme im Nordosten Estlands zu lösen. Man versucht nur, sich in altbekannter Weise irgendwie durchzumogeln. Interessanterweise versteht Premierministerin Kaja Kallas sehr wohl, wie falsch es ist, Strom aus Holz zu erzeugen. Um ernst genommen zu werden, sollte sie ihr Wort geltend machen.“
Scheinheilige Kehrtwende
Dass die regierende Reformpartei den Holzverbrennungszuschuss jetzt vorantreibt, kritisiert ERR Online als scheinheilig:
„Vor nur einem Jahr haben auch Abgeordnete der heutigen Regierungspartei, damals in der Opposition, auf die Widersprüche hingewiesen. Sollte der Vorschlag mit ihrer Unterstützung wirklich angenommen werden, wäre die Rolle der Partei vom Kritiker zum Ermöglicher wirklich widersprüchlich. ... Die Lage ist noch zu retten, wenn der Umwelteinfluss vor der Verabschiedung gründlich untersucht wird, Maßnahmen gegen Umweltschäden gewährleistet und gleiche Bedingungen für alle Marktbeteiligten geschaffen werden. Wenn aber so weitergemacht wird, müsste die Öffentlichkeit zumindest wissen, für welche Gegenleistung die Reformpartei ihre Grundsätze verkauft hat.“