Augustputsch in Moskau: Was bedeutet er heute?
In diesen Tagen jährt sich der Augustputsch in der UdSSR zum 30. Mal: Damals versuchten Mitglieder der KPdSU, denen der wirtschaftliche Umbau durch Glasnost und Perestroika zu weit ging, die Macht an sich zu reißen und Präsident Gorbatschow zu stürzen. Zwar scheiterte der Putsch, da die Bevölkerung und die Streitkräfte den Putschisten die Gefolgschaft verweigerten, doch läutete er das Ende der krisengeschüttelten Sowjetunion ein.
Die Rechnung ohne das Volk gemacht
Für Nowaja Gaseta war der Putsch eine historische Fehlkalkulation:
„Den Verschwörern schien es, die Macht des Präsidenten sei etwas Flüchtiges: Man trenne ihn vom Staatsapparat, nehme ihm den 'roten Atomknopf' - fertig, seine Macht ist futsch! Aber so war es nicht. Gorbatschows Macht erhielt sich in der Unterstützung des Volkes, in dessen gefestigtem Selbstbild und dem schon herangewachsenen Gefühl politischer Wertigkeit. Hinter der Parole 'Freiheit für Gorbatschow' versammelten sich auch jene, die zuvor seine schärfsten Kritiker gewesen waren. Die Menschen fühlten sich entwürdigt. Gorbatschow kam nach Moskau zurück. Aber er war aus der Hauptstadt der Sowjetunion in den Urlaub gefahren und nun empfing ihn Russland.“
Historisches Vorbild
Der Augustputsch birgt für Delfi auch heute noch Hoffnung:
„Immerhin war 1991 die günstigste Gelegenheit, in Russland Demokratie und eine freie Gesellschaft einzuführen. Das war vermutlich die passendste Zeit in der ganzen Geschichte dieses Landes - von Moskaus Sieg gegen Nowgorod bis heute. ... Wenn es die kleinste Hoffnung gibt, dass Russland noch einmal versucht, sich zu demokratisieren, dann bleibt nur ein Vorbild: 1991.“
Russen wollen von Freiheit nichts wissen
Die Niederlage der Putschisten brachte kein Ende des Totalitarismus, zieht die Politologin Nina Chruschtschowa, Urenkelin von Nikita Chruschtschow, in Irish Examiner ernüchtert Bilanz:
„Russland hat mittlerweile ein gewisses Wohlstandsniveau erreicht. Vielen Menschen ging es noch nie so gut wie jetzt. Warum bleiben dann so viele davon überzeugt, dass es eines starken Mannes bedarf, um sie zu führen? ... Vor 30 Jahren befreite Michail Gorbatschow die Russen aus dem Gefängnis des Kommunismus. Alexei Nawalny hat mutig versucht, den Weg aus dem Putinismus aufzuzeigen - aber immer noch wollen zu viele nichts davon wissen. Die Lehre aus diesem in falscher Weise begangenen Jahrestag ist klar: Eine freie Gesellschaft kann nicht von Menschen geschaffen werden, die es willig zulassen, sich in ihrem Denken weiter einsperren zu lassen.“