Setzt London das Nordirland-Protokoll aus?
Die Konflikte zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU infolge des Brexits verschärfen sich. Am Freitag sollen Unterhändler erneut Lösungen für das von London kritisierte Nordirland-Protokoll, aber auch für den Fischereistreit zwischen London und Paris suchen. Kommentatoren finden sowohl Gründe, stur zu bleiben, als auch dafür, die starre Haltung zu überwinden.
Einzige Lösung gegen rachsüchtige EU-Politik
Das Vereinigte Königreich kann sich mit gutem Recht aus dem Nordirland-Protokoll lösen, findet The Daily Telegraph:
„[Britische] Minister sind bereit, sich gegen eine ihrer Meinung nach unrealistische und manchmal rachsüchtige EU-Politik zu wehren, die sich - als Strategie der Bestrafung des Vereinigten Königreichs für den Brexit und zur Abschreckung anderer Länder, die die EU verlassen wollen - querstellt, wesentliche Veränderungen des Protokolls zuzulassen. ... Jetzt ist der Gebrauch von Artikel 16 vielleicht die einzige Lösung. Er erlaubt es, das Protokoll einseitig auszusetzen, wenn es schwerwiegende 'wirtschaftliche, gesellschaftliche oder ökologische Schwierigkeiten' verursacht. Der Gebrauch von Artikel 16 ist also, anders als Kritiker behaupten, nicht rechtswidrig.“
Johnsons Pokerspiel beenden
Die EU sollte klarstellen, dass sich an den Ausgangsbedingungen des Protokolls nichts geändert hat, meint hingegen The Irish Times:
„Da sich London von den Kompromissen abwendet und keine guten Alternativen in Sicht sind, könnte Brüssel zum Schluss gelangen, dass es das Beste ist, das Vereinigte Königreich dazu zu zwingen, Farbe zu bekennen und mit der Auflösung des Handelsabkommens zu drohen. Das Nordirland-Protokoll wurde 2019 ins Leben gerufen, weil die Briten einen No-Deal-Brexit verhindern wollten. Wenn London die Kernbestimmungen des Abkommens nun ablehnt, ist die Rettung des Abkommens möglicherweise nur möglich, indem man verdeutlich, dass dieses Verhalten zur Folge hätte, dass man das No-Deal-Ergebnis ertragen müsste, das Johnson schon vor zwei Jahren unbedingt umgehen wollte.“
Es gibt Wichtigeres als Fisch und Prestige
Dass sich London und Paris angesichts dringender Angelegenheiten schnell einigen sollten, fordert Dagens Nyheter:
„Die Briten und Franzosen müssen einsehen, dass wichtige Faktoren zu berücksichtigen sind. Sie sind die einzigen ernstzunehmenden Militärmächte in Westeuropa, und ihre Fähigkeit zur Zusammenarbeit ist für die Nato von grundlegender Bedeutung. Russland und China sind wichtiger als Fisch und Prestige.“