Gewaltsame Bauernproteste in den Niederlanden
Die niederländischen Bauern haben ihre Proteste gegen Auflagen zur Stickstoff-Reduzierung ausgeweitet: Am Montag blockierten sie an mehreren Stellen im Land die Zufahrten zu Distributionszentren von Supermärkten. Der Zentrale Verband des Lebensmittelhandels warnte vor Versorgungsengpässen. Politische Institutionen werden jetzt auf die Probe gestellt, findet die Landespresse.
Agrarlobby darf nicht siegen
NRC Handelsblad-Kolumnist Tom-Jan Meeus warnt die Politik davor, einzuknicken:
„Jedes Zögern eines Politikers lehrt die Bauern und Agrar-Großbetriebe: Blockieren lohnt sich. Voller Selbstvertrauen forderte die Bauernaktionsgruppe Agractie nach der Ernennung des Vermittlers Johan Remkes am Wochenende: Erst die Pläne vom Tisch, dann reden. Sie sind der Boss. Niemand sonst. Die Viehzucht hat nach Jahrzehnten der Blockade ein dreifaches Problem verursacht: Klima, Natur, Wasser. Nachgeben wäre mehr als eine Niederlage für die Politik. Dann distanzierten sich diese Politiker von der Idee, dass Politiker das Land regieren [und nicht die Agrarlobby].“
Dieser Aufstand ist nichts fürs Volk
Die Proteste sind eher laut als breit, meint De-Volkskrant-Kolumnistin Sheila Sitalsing:
„Weil hier der große Mund auffällig oft von den Behörden belohnt wird, könnte man meinen, dass die lautesten Schreihälse Recht haben, wenn sie rufen, dass 'niemand' denen da in Den Haag noch vertraut. ... Im übergroßen Teil des Landes herrscht jedoch im allgemeinen ein stabiles und - im Vergleich mit dem Rest der Welt - ziemlich großes Vertrauen in Institutionen, von der Europäischen Union bis zur Presse. An der Mehrheit der Leute gehen die hitzigen Fantasien von einem Bürgerwiderstand total vorbei. “
Schnell ein Gegenmittel finden
Die Krawalle haben ein gesundes Maß längst überschritten, stellt De Volkskrant fest:
„Dies ist kein normaler Protest mehr, sondern ein Angriff auf die Demokratie. … Eine einfache Lösung gibt es nicht. Die radikalsten Bauern finden einander in einem Cocktail von Gefühlen von Unrecht, Anti-Staatsdenken und einer total anderen Vorstellung von der Wirklichkeit. Die sozialen Medien spielen dabei eine große Rolle und die Suche nach einem Gegengift hat kaum angefangen. ... Um den Geist schnell zurück in die Flasche zu kriegen, müssen Polizei und Justiz nun zuallererst zeigen, wo die Grenzen liegen.“
Grenzen setzen
Der Staat muss sein Gewaltmonopol einfordern, fordert auch NRC Handelsblad:
„Diese Krise erfordert mehr Führungsstärke. [Premier Mark Rutte] hätte viel schärfer reagieren müssen: klarstellen, dass Gewalt und die Bedrohung der öffentlichen Ordnung zur Beschlagnahme von Treckern führen können, zu Geld- oder Gefängnisstrafen. Auf die Niederlande kommt in den nächsten Jahren eine große, schwierige Debatte zu, wie das zerstörte Gleichgewicht von Natur und Landwirtschaft wieder hergestellt werden kann. ... Was Bauern mit der Bedrohung von Politikern und dem Blockieren von Autobahnen erreichen wollen, ist ein Rätsel - Sympathien weckt es jedenfalls nicht.“