Blockade bei Regierungsbildung in Bulgarien
Am 2. Oktober hat Bulgarien ein neues Parlament gewählt - das vierte Mal innerhalb von zwei Jahren. Kein Lager hat eine Mehrheit, die Bildung ungewöhnlicher Koalitionen stockt. Sollte sie scheitern, wird der Präsident erneut das Parlament auflösen und eine Übergangsregierung einsetzen. Diese würde dann bis zu den nächsten Wahlen ohne Parlament regieren. Kommentatoren machen sich Sorgen.
Italien zum Vorbild nehmen
Dass das bulgarische Parlament aufgelöst wird, wenn keine gewählte Regierung zustande kommt, hat für das Land dramatische Folgen, betont Trud:
„Im wirtschaftsstarken Italien, wo Regierungskrisen an der Tagesordnung sind, arbeitet das Parlament ungestört weiter. ... Darum hat Italien die zweite Tranche der Milliardenhilfe im Rahmen des Konjunktur- und Entwicklungsplans erhalten, während Bulgarien bis zum Ende des Jahres keine Chance hat, Geld zu erhalten. Ebenso wenig die uns bis 2029 zustehenden EU-Kredite zu symbolischen Zinsen und weitere EU-Subventionen in Höhe von fast 30 Milliarden Euro.“
Immer gleiche Akteure bremsen das Land aus
Nur eine große Koalition könnte jetzt eine stabile Regierung bilden, wird aber offenbar nicht gewollt, analysiert Sega:
„Schon wenige Tage nach den Wahlen deutet sich an, dass die Politiker das Land erneut in eine Sackgasse führen werden. Nach der Wahl ist die politische Bühne mit den gleichen Akteuren besetzt wie im vorigen Parlament, und erneut wäre eine große Koalition die einzige Chance, eine Regierung zu bilden. Die Politiker erkennen das zwar und schwören, dass wir ein reguläres Kabinett und Parlament brauchen, damit der Staat normal funktioniert. Gleichzeitig agieren sie jedoch so als wäre es ihnen egal, ob sie einen Ausweg aus der Pattsituation finden werden oder nicht.“
Äußeren Zwängen ausgeliefert
Hvg sieht kurzfristig keinen Ausweg:
„Es besteht wenig Hoffnung, die Pattsituation zu überwinden. Nach Angaben von Analysten in Sofia glaubt eine wachsende Zahl von Bulgaren, dass das mittelfristige Schicksal des Landes von externen Faktoren - vom Ausgang des Krieges in der Ukraine, der Lösung der Energiekrise und dem Ende des Inflationsdrucks - abhängt und dass es bis dahin so gut wie egal ist, wer eine Regierung bildet. Die aufeinanderfolgenden Regierungen bewegen sich auf einer Zwangsumlaufbahn.“