Ukraine-Krieg: Wie wird das enden?
Mit Kälteeinbruch und der russischen Strategie, die ukrainische zivile Infrastruktur zu attackieren, ist der Angriffskrieg gegen die Ukraine in eine neue Phase eingetreten. Abseits vom tagesaktuellen Geschehen reflektieren Kommentatoren in Europas Presse das Kriegsgeschehen und die mögliche künftige Entwicklung.
Eskalation in Sicht
Die Wochenzeitung Documento sieht kein nahes Ende des Krieges:
„Niemand ist mit dem Ergebnis zufrieden. Russland hat die für seine Hegemonie im postsowjetischen Raum nützlichen ukrainischen Regionen nicht unter Kontrolle gebracht. Der Westen hat die euro-atlantische Zukunft der Ukraine nicht gesichert. Kyjiw verliert bedeutende Gebiete. Dies sind Bedingungen, die eine Eskalation des Krieges begünstigen.“
Wir sind längst Kriegspartei und leugnen es
Dass es keine wirkliche öffentliche Debatte über den Krieg gibt, findet Schriftsteller Isaac Rosa in eldiario.es entlarvend:
„Der beste Beweis dafür, dass wir eine Kriegspartei sind, ist der Schulterschluss der Medien. ... Die Einheitsmeinung. ... So etwas hat es in anderen Kriegen nicht gegeben. Zu dieser Propaganda gehört, dass wir nicht sagen, dass wir an einem Krieg teilhaben, der enorme Zerstörungen und Tausende von Toten verursacht und dessen geopolitische Folgen wir erst mittel- und langfristig sehen werden. ... Ich bin mir der Gründe für die Intervention durchaus bewusst, niemand muss mir sagen, wer Putin ist. Was ich sagen will, ist, dass es keine öffentliche Debatte darüber gegeben hat. ... Wir leugnen das Offensichtliche: Wir sind in einen Krieg verwickelt.“
Tribunal als Druckmittel
Corriere della Sera unterstützt die von Selenskyj angeregte Idee eines Tribunals für russische Kriegsverbrecher nach dem Vorbild der Nürnberger Prozesse:
„Die Überzeugung, dass das Ergebnis der Kämpfe eine eventuelle Verhandlungsposition stärkt, ist grundsätzlich typisch für jeden Konflikt und in gewisser Hinsicht auch verständlich. Es geht jedoch darum, gerade diese Überzeugung zu überwinden, um weitere Opfer und weiteres Blutvergießen zu vermeiden. … In diesem Sinne gewinnt der Vorschlag für ein internationales Sondertribunal, das die politische und militärische Führung Moskaus wegen der in der Ukraine begangenen Verbrechen vor Gericht stellen soll, mit Blick auf die Zukunft entscheidend an Bedeutung und stellt ein wirksames Druckmittel dar.“
Lieber Dunkelheit und Kälte als Russland
Die russische Kriegsstrategie, die ukrainische Bevölkerung durch Bombardieren der Infrastruktur mutlos zu machen, funktioniert nicht, ist sich Público sicher:
„Angesichts der Niederlage auf dem Schlachtfeld hat Putin seine Strategie geändert. ... Die Zerstörung der Ukraine durch Kälte und Not ist das Ziel. Bislang ohne sichtbare Ergebnisse. Zwischen der Kälte und Russland ziehen die Ukrainer immer noch die Kälte vor. Zwischen Dunkelheit und Russland ziehen sie immer noch die Dunkelheit vor. Zwischen der Angst vor Raketen und Russland beweisen die Ukrainer jeden Tag aufs Neue ihre unerschütterliche Fähigkeit, die Angst zu überwinden.“