Wie gefährlich ist KI und wer muss sie zügeln?
In einer Stellungnahme vom Dienstag hat eine Reihe führender KI-Experten eindringlich vor der Technologie gewarnt und ihre Risiken in eine Reihe mit Pandemien und Atomkrieg gestellt. Zu den Unterzeichnern gehört auch Sam Altman, Chef des ChatGPT-Erfinders OpenAI. Er schlägt vor, eine internationale Behörde zu schaffen, analog der internationalen Atomenergie-Organisation IAEA. Kommentatoren sind überwiegend skeptisch.
Nicht mit Kontrolle von Atomwaffen vergleichbar
Die von OpenAI angeregte Regulierung von KI dürfte wenig bringen, meint The Spectator:
„Computerleistung ist keine so knappe und nachverfolgbare Ressource wie Uranerz. Wenn Superintelligenz wirklich so verändernde Kräfte hat, wie OpenAI und andere behaupten, dann gibt es einen starken Anreiz zum Betrügen und auch viele Möglichkeiten dazu. ... Im Gegensatz zu den schlecht getarnten Silos der Kubakrise könnte man mittlerweile seine fertige Superintelligenz auf einer Festplatte um die Welt schmuggeln. Die Weiterverbreitung sieht also vergleichsweise einfach aus. ... Die Vorschläge von OpenAI sind unzureichend, aber der eigentliche Verdienst von Altman und Co. ist es, Alarm geschlagen zu haben. Wir brauchen neue Ideen und das schnell.“
Verantwortung wird Politikern zugeschoben
Für den Spiegel-Kolumnisten Sascha Lobo sind die Warnungen ein Fall von vorauseilender Schuldabwehr:
„Künstliche Intelligenz ist machtvoll, und die Wahrscheinlichkeit, dass etwas Ungutes damit passiert, ist hoch. Dann ist es doch praktisch für die KI-Crowd, wenn die eigene Rolle die des Mahnenden war, denn das ist in den Augen der Öffentlichkeit selten die schuldige Person. Solche Warnungen von der KI-Elite verschieben die Verantwortung zumindest teilweise auf die Politik. Wenn etwas passiert, kann man sagen: Hey, wir wollten doch, dass ihr schnell und gut reguliert, habt ihr nicht, jetzt habt ihr den Salat.“
Ross und Reiter benennen
Auch The Independent findet die Statements aus der KI-Branche daneben:
„Warnungen davor, dass KI so furchtbar sein könnte wie Pandemien haben den eigentümlichen Effekt, dass sie die Gefahren der künstlichen Intelligenz so aussehen lassen, als würden diese von selbst entstehen, wie die Mutation eines Virus. Dabei ist jede gefährliche KI das Produkt bewusster Entscheidungen ihrer Entwickler – in den meisten Fällen sind das die Unternehmen, die diese neue Warnung unterschrieben haben. ... An wen wenden sich diese Unternehmen überhaupt? Sie sind es schließlich, die ein Produkt kreieren, das das Leben auf der Erde auslöschen könnte. Es ist, als würde man von einem Einbrecher dafür gerügt werden, dass die Schlösser im Haus nicht gut genug sind.“
Ambivalente Transparenz
Die Neue Zürcher Zeitung zeichnet die Konfliktlinien in der Regulierungsfrage nach:
„Wenn Open AI offenlegen muss, wie es seine KI trainiert hat, wirkt sie erstens weniger 'magisch'. Zweitens könnte sich die Konkurrenz Ideen abschauen. Drittens ist nicht klar, ob die Firma überhaupt die nötigen Rechte an den Daten hatte, die in die KI eingeflossen sind. Gegen einige Hersteller von Bild-KI laufen bereits Klagen von Künstlern. Betroffen sind jene, die offengelegt haben, welche Daten sie für das Training der KI genutzt haben. Transparenz macht angreifbarer. … Es ist sehr schwierig, sie ganz sicher und korrekt zu machen. Es ist Altmans gutes Recht, dagegen zu lobbyieren. Und natürlich sollte die EU mit Augenmaß überlegen, welche Regeln wirklich nötig sind.“
Angst vor Neuem nur allzu menschlich
Skepsis gegenüber bahnbrechenden Technologien gab es in der Menschheitsgeschichte schon immer, gibt news.bg zu bedenken:
„In der Anfangsphase der industriellen Revolution glaubten die Arbeiter, dass die Maschinen ihr Brot wegnehmen würden, doch in Wirklichkeit führte dies zu einem enormen Ansprung in der Lebensqualität. Den ersten Impfstoffen wurde mit ähnlicher Skepsis begegnet. ... Die Elektrifizierung menschlicher Siedlungen wurde ursprünglich von einigen als Satanismus betrachtet und heute können wir uns ein Leben ohne Strom nicht mehr vorstellen. KI optimiert unser Leben. Das bedeutet, dass wir mit Hilfe von KI viel weniger Zeit und Energie für dieselben Tätigkeiten aufwenden und mehr Zeit für andere, möglicherweise sinnvollere Dinge haben werden.“