Litauen: Stichwahl um das Präsidentenamt
Das Rennen um Litauens Präsidentschaft entscheidet sich in einer Stichwahl zwischen Amtsinhaber Nausėda und Regierungschefin Šimonytė. Sie setzten sich am Sonntag unter anderem gegen den prorussischen Kandidaten Eduard Vaitkus, den mit antisemitischen Äußerungen aufgefallenen Remigijus Žemaitaitis und den Rechtspopulisten Ignas Vėgėlė durch, die aber Achtungserfolge erzielten. Was bedeutet das für das EU-Mitglied mit knapp drei Millionen Einwohnern?
Destruktive Tendenzen Anlass zur Sorge
Die Gewinner der Wahl müssen auf die Unterstützer ihrer Gegner zugehen, meint LRT:
„400.000 Stimmen für Vėgėlė, Žemaitaitis und Vaitkus sind kein Zeichen für ein zweites oder drittes Litauen. Es ist vielmehr eine Warnung, dass sich Risse auftun, die Unzufriedenheit wächst und der Protestwille zunimmt. ... Deshalb sollte die Stichwahl nicht über die persönlichen Differenzen zwischen Nausėda und Šimonytė geführt werden, sondern über die sich entwickelnde Stimmung und ihre politischen Ausdrucksformen in Litauen. Denn diese ist in Wirklichkeit ein Zeichen des Protests gegen die Demokratie und den Staat. ... Wir müssen die Wut, die Verzweiflung und die destruktiven Tendenzen eines großen Teils der Gesellschaft ernst nehmen.“
Weiterhin Teil des westlichen Lagers
Der außenpolitische Kurs Litauens bleibt trotz Stichwahl gewahrt, betont der Politologe Mažvydas Jastramskis in Delfi:
„Der wichtigste Aufgabenbereich des Präsidenten ist die Außen- und Sicherheitspolitik. Insgesamt gibt es keine großen Unterschiede zwischen Šimonytė und Nausėda, und das ist gut so. Beide Kandidaten sind Fürsprecher der Ukraine, befürworten eine starke Rolle der NATO für die Sicherheit unserer Region und sind sich der Bedrohung durch aggressive autoritäre Staaten bewusst, insbesondere Russland. ... Wenn Ihr Hauptanliegen eine Außenpolitik ist, die westlich und gleichzeitig im Interesse Litauens ist, dann macht es kaum einen Unterschied, für welchen Kandidaten Sie stimmen.“