Frankreich: Prozess gegen 51 Vergewaltiger

Im französischen Avignon findet derzeit der Prozess gegen den 71-jährigen Dominique Pélicot statt. Er soll seine Frau jahrelang sediert, vergewaltigt und anderen Männern zum sexuellen Missbrauch ausgeliefert haben. Auch sie müssen sich vor der Justiz verantworten. Europas Presse fordert besseren Schutz vor sexueller Gewalt.

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El País (ES) /

Wann kommt das Gesetz gegen männliche Gewalt?

El País hofft auf eine Kehrtwende in der französischen Gleichstellungspolitik:

„Bislang beschränkt sich die gesellschaftliche Reaktion in Frankreich auf den Feminismus, der ein umfassendes Gesetz gegen männliche Gewalt fordert. ... So wie der Fall La Manada [Gruppenvergewaltigung 2016] in Spanien einen Wendepunkt darstellte, sollte der Fall Pélicot eine politische und gesetzgeberische Reaktion nach sich ziehen, die der Schwere des Sachverhalts angemessen ist. Frankreichs juristische Definition von Vergewaltigung enthält nicht das notwendige Zustimmungsprinzip [für Sex]. Im Dezember hat es sich der europäischen Reform des Straftatbestands widersetzt, die diesen grundlegenden Begriff einbeziehen sollte.“

Libération (FR) /

Den Behörden mehr Handlungsraum ermöglichen

Der rechtliche Schutz für Opfer sexueller Gewalt muss ausgebaut werden, drängt die Stiftung Fondation des Femmes in Libération:

„Zahlreiche Baustellen müssen angegangen werden. Wir fordern ein umfassendes Gesetz gegen sexuelle Gewalttaten, das sich mit den Mängeln unserer Institutionen befasst. Notwendig sind systematische Ermittlungen zu den Beschuldigten, ein Verbot von Ermittlungen zur sexuellen Vergangenheit des Opfers, einen klaren Rahmen für psychologische Gutachten, das Sammeln und Aufbewahren von Beweisen für die Verabreichung von chemischen Substanzen, die Berücksichtigung von Serientäterschaft, etc. Dieses Gesetz würde einen Rahmen schaffen und Mittel zum Handeln und Schützen bereitstellen.“

La Vanguardia (ES) /

Eine Heldin, die sich als Trümmerhaufen bezeichnet

La Vanguardia ist beeindruckt vom Opfer:

„Als Frau Gesicht und Namen für eine gerechte Sache einzusetzen, ist eine undankbare Aufgabe. Jetzt ist Gisèle Pélicot an der Reihe. Vor einigen Tagen demonstrierten Tausende von Französinnen und trugen Transparente mit ihrem Gesicht und dem Spruch der Anwältin: 'Die Schande muss die Seiten wechseln.' Alles, was Pélicot bisher getan hat, der Verzicht auf Anonymität, der tägliche Besuch des Prozesses vor 50 Männern, die sie bewusstlos vergewaltigt haben, und dem Ehemann, der sie unter Drogen gesetzt und unterworfen hat, ist unglaublich heldenhaft. Sie wollte nie ein Symbol sein, und niemand hat das Recht, von dieser Frau, die sich selbst als Haufen Trümmer beschrieben hat, irgendetwas zu verlangen, nicht einmal Heldentum.“