Ein Jahr Richtungswechsel in Polen?
Acht Jahre lang war in Polen die rechtspopulistische PiS-Partei an der Macht, als die Wahl im Oktober 2023 die Mehrheiten änderte. Die schließlich unter Donald Tusk (PO) gebildete Koalition versuchte, die umstrittene Justizreform der Vorgänger zurückzudrehen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk umzugestalten, stieß aber zum Teil auf heftigen Widerstand. Präsident des Landes ist seit 2015 der PiS-nahe Politiker Andrzej Duda.
Auf halber Strecke
Ohne das Amt des Präsidenten bleibt der Machtwechsel unvollendet, schreibt das Online-Portal Interia:
„Zunächst einmal hat Donald Tusk nicht die gesamte Macht errungen. Entgegen dem Eindruck, der vom Betroffenen selbst erweckt wird, liegen die Legislative, aber eben 'nur' ein Teil der Exekutive seit 2023 in den Händen der Anti-PiS-Koalition. Präsident Andrzej Duda bleibt im Amt mit Veto- und anderen Befugnissen, mit denen Tusk rechnen muss. ... Die Lektüre der Verfassung von 1997 hat Tusk und sein Umfeld zu dem Schluss gebracht, dass es ohne einen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2025 keine Möglichkeit gibt, die versprochene De-PiS-isierung zu vollenden. Alles wartet also auf die nächsten Wahlen.“
Kein Mandat für große Wende
Viel Kontinuität erkennt Tygodnik Powszechny:
„Donald Tusk war immer ein Politiker, der die Mitte des Wegs sucht, der im Mainstream schwimmen will. ... Die Wähler haben der PO nicht das Mandat erteilt, eine 'Stunde Null' auszurufen und alles, was die PiS in den letzten acht Jahren erreicht hat, rückgängig zu machen. Vielmehr wollte man die Kompetenz der PO. Sie sollte in etwa das Gleiche tun, nur besser. ... Wie es ein Meinungsforscher im letzten Jahr der PiS-Regierung ausdrückte: 'Die polnischen Wähler wollen eine Partei wie die PiS, eine, die mit dem Programm von Kaczyńskis Partei regiert und all das fortsetzt, nur ohne all die Skandal-Gesichter der PiS, für die man sich schämen muss.' Und genau das ist es, was die Wähler bekommen haben.“