Das Arbeitsumfeld für Medienschaffende in Deutschland ist insgesamt gut. Journalistinnen und Journalisten sehen sich aber regelmäßig Drohungen und Angriffen ausgesetzt, vor allem, wenn sie in der rechtsextremen Szene recherchieren. Während der öffentlich-rechtliche Rundfunk gebührenfinanziert wird, müssen immer mehr Zeitungen ums Überleben kämpfen. Die Zahl der Blätter mit einer eigenen kompletten Redaktion geht weiter zurück.
Deutschland: Anfeindungen und Drohungen
Faktenchecks und Dialog als Vertrauensbildung
Das Wort "Lügenpresse" war bereits 2014 in Deutschland zum Unwort des Jahres gekürt worden. Damals, beim Ausbruch des Kriegs in der Ostukraine, zeigte sich die aggressive Stimmung gegen Journalisten in Form von Online-Kommentaren und Leserbriefen erstmals verstärkt. Mit der Flüchtlingskrise 2015 und der Wahl der rechtspopulistischen AfD im September 2017 in den Bundestag nahm die Kritik an der Berichterstattung der Medien weiter zu und fand nun auch Einzug in die Bundespolitik.
Auch wenn Studien zufolge die Mehrheit der Deutschen die Medien weiterhin für glaubwürdig hält, versuchen viele Redaktionen, beim Publikum um Vertrauen zu werben - etwa mit der Einführung von Faktenchecks, freiwilligen Korrekturen oder verstärktem Dialog mit Lesern und Zuschauern. Zugleich sehen sich die Medienschaffenden einer wachsenden Gegenöffentlichkeit im Internet gegenüber.
Kooperationen für den großen Coup
Das Internet hat sich auch in deutschen Redaktionen längst zum bestimmenden Medium entwickelt. Dabei beschäftigt die Verlage und Journalisten weiterhin die Finanzierung journalistischer Inhalte angesichts einer weit verbreiteten Kostenlos-Mentalität im Netz. Viele Medien haben inzwischen Paywall-Modelle eingeführt und ihre Print- und Onlineredaktionen zusammengelegt. Manche Journalisten und Redaktionen sind kreativer geworden: Sie nutzen Crowdfunding, produzieren crossmedial, vernetzen sich stärker untereinander und recherchieren gemeinsam über Mediengrenzen hinweg. So veröffentlichte etwa der Investigativ-Rechercheverbund der öffentlich-rechtlichen Sender NDR und WDR und der Süddeutschen Zeitung Berichte über den VW-Abgasskandal sowie die sogenannten Panama-Papers (2016) und Paradise Papers (2017).
Die Verlage versuchen indes, durch weitere Konzentration wegbrechende Einnahmen zu kompensieren, so dass es in manchen Regionen im Printmarkt keine Konkurrenz mehr gibt. Stellen werden gestrichen, Redaktionen zusammengelegt, Mehrfachverwertungen in verschiedenen Medien angestrebt. Es gab 2019 in Deutschland 327 überregionale und regionale Tageszeitungen sowie 17 Wochenzeitungen und sechs Sonntagszeitungen, die meist in privater Hand sind.
Der Rundfunk ist sowohl öffentlich-rechtlich als auch privatwirtschaftlich organisiert. Die gebührenfinanzierten und durch Rundfunkräte kontrollierten öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten haben die Grundversorgung der Bevölkerung mit Information und Unterhaltung zu leisten. Das Budget der öffentlich-rechtlichen Anstalten beträgt jährlich rund neun Milliarden Euro. Ihre Aktivitäten im Internet und auf mobilen Endgeräten werden von den Zeitungsverlegern seit Jahren kritisiert. Der Streit, wie viele und welche Texte sie gebührenfinanziert ins Netz stellen dürfen, konnte 2018 beigelegt werden. Um sich von den Angeboten der Presseverlage zu unterscheiden, soll auch im Internet der Schwerpunkt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf Bewegtbild und Ton liegen.
Rangliste der Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen):
Platz 11 (2020)
Stand: April 2020