Grexit-Diskussion wieder aufgeflammt
Die griechische Regierung hat am Sonntag Medienberichte dementiert, wonach das Land schon Ende des Monats zahlungsunfähig sein könnte. EU-Ratspräsident Donald Tusk warnte derweil, dass es zu einem Grexit wider Willen kommen könnte. Einige Kommentatoren mahnen, dass die Griechen endlich entscheiden müssen, ob sie in der Eurozone bleiben wollen. Andere kritisieren, dass die EU an Regeln festhält, die nicht funktionieren.
Rein oder raus: Tsipras muss sich entscheiden
Ob es ihm gefällt oder nicht, Alexis Tsipras hat die Wahl und kann entweder sein Programm durchsetzen oder sein Land in der Eurozone halten, analysiert die konservative Tageszeitung Le Figaro: "Es geht hier nicht um ein Liquiditätsproblem, sondern um ein Problem mangelnder Kreditwürdigkeit. Gelöst werden kann die Krise in Griechenland nur durch tiefgreifende innenpolitische Reformen, die von der EU unterstützt werden. Doch seit der grundsätzlichen Einigung vom 20. Februar hat Griechenland weder ein glaubwürdiges Reformprogramm geschweige denn einen Haushalt zustande gebracht. Alexis Tsipras muss zwischen seinem Programm und dem Verbleib Griechenlands in der Eurozone wählen. Weil er den Mut nicht hat, sich zu entscheiden, droht er nun mit einem Referendum oder Neuwahlen. Das Risiko ist, dass er damit den Nazis von Chrysi Avgi in die Hände spielt. Wie so oft in der Geschichte ebnet die extreme Linke der extremen Rechten den Weg."
Grexit wäre zunächst eine Katastrophe
Ein Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone würde das Land von jeglicher Finanzierung von außen abschneiden, die das Land so dringend benötigt, warnt die die wirtschaftsliberale Tageszeitung Financial Times: "Keine rationale Person würde sich wünschen, dass alles mit einem Grexit endet. ... Es ist unklar, wie das globale Finanzsystem mit einem Grexit zurechtkommen würde. Der langsam aufkeimende wirtschaftliche Aufschwung der Eurozone wäre bedroht. Für Griechenland könnte ein Ausstieg langfristig sehr wohl funktionieren, sofern er gut geregelt wird. Doch kurzfristig würde er eine wirtschaftliche Misere bringen. Das Land hat immer noch ein Leistungsbilanzdefizit. Das heißt, es ist auf Finanzierung von außen angewiesen, um den Inlandskonsum zu stützen. Diese Finanzierung könnte von einem Tag auf den anderen wegfallen, sollte Griechenland den Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern nicht nachkommen."
Eurogruppe fürchtet linke Regierungen
Beim Ringen zwischen der Athener Regierung und den anderen Eurostaaten geht es gar nicht primär ums Geld, meint der liberal-konservative Tagesspiegel: "Die Verwalter der Euro-Krise fürchten den Erfolg einer linken Regierung offenkundig mehr als die milliardenschweren Verluste auf ihre Kredite, die das Scheitern der Regierung Tsipras ihnen zwangsläufig bescheren wird. Schließlich könnte das Beispiel Schule machen. ... Doch wenn die Reformverweigerer in Berlin und Brüssel tatsächlich die Rebellen in Athen ihrem alten, längst gescheiterten Programm unterwerfen, dann erzeugen sie ein Risiko, das weit gefährlicher ist, als es Syriza und vergleichbare Parteien jemals sein könnten. Denn der Sieg über die Widerständler wird europaweit ein verheerendes Signal aussenden: Entweder die wirtschaftlich schwächeren Länder kriechen bei den Deutschen und ihren Agenten in Brüssel zu Kreuze. Oder aber diese treiben sie in den wirtschaftlichen Niedergang. Das aber ist die beste Wahlkampfhilfe, die sich Marine Le Pen, ihr Front National und mit ihnen alle Anti-Europäer jemals wünschen könnten."
Athens Misere ist nur ein Vorgeschmack
Die EU hält im Umgang mit Griechenland an Regeln fest, die dem Untergang geweiht sind, kritisiert die linksliberale Tageszeitung Delo: "Das Problem ist, dass die EU und Brüssel im Streit mit Athen a priori nicht recht haben können, weil die Mitgliedsländer noch immer so tun, als ob mit ihren Regeln alles in Ordnung sei. Und als sei eine weitere griechische Amputation unausweichlich. Berlin hat noch weniger recht, weil es erwiesenermaßen ganz Europa noch immer mit dem falschen Mittel heilen will und gewollt oder ungewollt zum Despoten in Europa geworden ist. Athen ist vielleicht wirklich ein Exzess, den man nach den gültigen europäischen Regeln nicht retten kann, doch sind die Griechen dabei nicht das Hauptproblem. Das Hauptproblem liegt in der falschen Vorgehensweise, das zu retten, was zu diesem Exzess geführt hat. Je länger Europa an dieser Vorgehensweise festhält, umso eher wird es dort landen, wo die Griechen bereits sind."