Gewalt eskaliert in Israel und Palästina
Seit Monatsbeginn greifen Palästinenser immer wieder Juden in Israel und Ostjerusalem mit Messern an. Israel verschärft seine Sicherheitsgesetze, Soldaten und Polizei schießen auf Attentäter und Demonstranten. Nun droht die dritte Intifada, warnen einige Kommentatoren. Andere sehen gute Chancen für eine friedliche Wendung des Konflikts.
Die dritte Intifada droht
Der Frust unter den Palästinensern kann sich jederzeit in einem erneuten Aufstand gegen die israelische Besatzung entladen, warnt die linksliberale Tageszeitung The Independent: "Es war ein Gefühl der Ohnmacht unter der palästinensischen Bevölkerung, das die erste und die zweite Intifada in früheren Jahren angetrieben hat. Dieses Gefühl ist nun wieder sehr weit verbreitet. Zehn Jahre relativen Friedens zumindest in Israel, wenn schon nicht im Gazastreifen oder im Westjordanland, haben es nicht geschafft, eine diplomatische Lösung des Konflikts näher zu bringen. Die Palästinensische Autonomiebehörde, die das Westjordanland kontrolliert, hat kaum jemals schwächer gewirkt. Bemühungen, ihre Sache durch Einbringung in internationalen Organisationen wie dem Internationalen Strafgerichtshof voranzutreiben, haben bisher zu nichts geführt. Die meisten Voraussetzungen für eine kollektive Explosion sind gegeben."
Frieden nicht unmöglich
Trotz der aktuellen Eskalation der Gewalt stehen die Vorzeichen für eine friedliche Wendung zwischen Israel und den Palästinensern nicht schlecht, ist die konservative Tageszeitung ABC optimistisch: "Da Israel im aktuellen US-Präsidenten einen im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten relativ wenig affinen Vermittler hat, käme den Israelis eine Eskalation des Konflikts kaum gelegen. Und die nach internationalem Ansehen und diplomatischer Anerkennung strebenden Palästinenser könnten mit der Gewalt ihre bisherigen Bemühungen zunichte machen. Zudem finden die Politiker beider Seiten wahrscheinlich kaum einen Moment, in dem ein Schritt in Richtung Frieden mehr von der internationalen Staatengemeinschaft belohnt würde. Denn die Angst ist groß, dass die erneuten Kämpfe in der Region den Konflikt bis in alle Ewigkeit zementieren könnten."
Palästinas Arabellion
Die Wut der Palästinenser richtet sich nicht nur gegen Israel, meint die konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Bemerkenswert ist, dass die Unruhen wahrscheinlich nicht direkt von der Hamas oder anderen Gruppen gesteuert werden. Vielleicht bricht sich da auf palästinensischer Seite eine Wut Bahn, die mit der Arabellion mehr zu tun hat als mit der Intifada der Vergangenheit: ein Aufstand, der sich nicht nur gegen Israel wendet, sondern auch gegen den (erfolglosen) Kurs der eigenen Führung. Es ist gut, dass [US-]Außenminister Kerry sich um Vermittlung bemühen will. Er hat es aber wieder mit Netanjahu und Abbas zu tun, deren Unversöhnlichkeit Teil des Problems ist."