Portugals alternative Sparpolitik trägt Früchte
Bemerkenswerte Nachrichten aus Portugal: Die neue linke Regierung, die anfangs wegen ihrer Abkehr vom strengen Sparkurs von einigen EU-Partnern scharf kritisiert wurde, hat das Haushaltsdefizit 2016 auf 2,1 Prozent des BIP gedrückt. Damit hat sie ihre Kritiker eines Besseren belehrt, freuen sich portugiesische Kommentatoren, betonen jedoch auch, dass das Land noch immer vor großen Problemen steht.
Lissabon versetzt Kritikern eine Ohrfeige
Portugal ist gelungen, was dem Land kaum jemand zugetraut hatte, freut sich Miguel Sousa Tavares in Expresso:
„Gegen alle Erwartungen hat Finanzminister Mário Centeno jede einzelne seiner Prognosen erfüllt und damit allen Schwarzmalern in Brüssel und Portugal, die die sozialistische Regierung wegen der Abkehr von der strengen Sparpolitik kritisiert hatten, eine ungeheuerliche Ohrfeige versetzt. … Siehe da, es gab doch eine Alternative! Und sogar EU-Währungskommissar Moscovici musste - als er bestätigte, dass die europäischen Prognosen über Portugal verfehlt waren - zugestehen, dass sich die Erhöhung des Mindestlohns und der Anstieg des Binnenkonsums doch positiv auf die Gesamtleistung der portugiesischen Wirtschaft ausgewirkt haben. Und dennoch: Portugals strukturelle (und dringendste) Probleme bleiben bestehen: eine brutale öffentliche und private Verschuldung, der Zusammenbruch des Bankensystems sowie eine niedrige Produktivität und Investitionskapazität.“
Portugal noch nicht raus aus dem Schlamassel
Wesentlich pessimistischer zeigt sich trotz der jüngsten Erfolgsmeldungen Jornal de Negócios:
„Die Einhaltung der Defizitgrenze für 2016 ist eine gute Nachricht, beruhigt aber nicht. Und dies aus drei Gründen: Erstens wurde das Ergebnis nur dank außerordentlicher Erträge (vor allem Steuerausgleiche) erzielt. Zweitens hat die sozialistische Minderheitsregierung öffentliche Investitionen von fast einer Milliarde Euro eingefroren. Der dritte Grund ist noch gravierender: Brüssel hat bereits bestätigt, dass sich Portugals strukturelles Defizit im Jahr 2016 nicht verbessert hat. ... Und das ist nun mal der Indikator für den Konsolidierungsbedarf im Staatshaushalt. An ihm kann man ablesen, ob das Defizit bei kurzfristigen Veränderungen der Wirtschaftsbedingungen nicht in die Höhe schießt und die Defizitobergrenze von drei Prozent erneut sprengt. ... Nun, und was die Zahlen aus dem letzten Jahr eindeutig zeigen ist, dass es keine strukturelle Veränderung in Portugals öffentlichen Finanzen gegeben hat. Und das ist durchaus beunruhigend.“