Gaza: Kein Ende der Gewalt in Sicht
Israel hat seine Militäroffensive ausgeweitet und fast ganz Gaza zum "Kampfgebiet" erklärt. Dabei traf die israelische Armee bei Luftangriffen erneut ein Krankenhaus in Gaza-Stadt. Hunderttausende Palästinenser werden nach UN-Angaben in ein immer kleineres Gebiet gedrängt, weil Israel sogenannte Sicherheitszonen einrichten will. Europas Presse begegnet der nach dem Terrorangriff der Hamas gestarteten israelischen Offensive mit wachsender Kritik.
Schande sowohl für Israel als auch für Europa
Laut De Standaard hat Europa in Nahost versagt:
„Die Eskapaden des US-Präsidenten dürfen nicht von dem mörderischen Verhalten der israelischen Armee in Gaza ablenken. ... Ob in Gaza ein Völkermord stattgefunden hat, muss der Internationale Strafgerichtshof entscheiden. Aber die unzähligen Toten und das skrupellose Aushungern der verbliebenen Bevölkerung bleiben die größte Schande für ein Land, das einst nach dem unbeschreiblichen Grauen des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde. Das Versäumnis Europas, in diesem Konflikt eine vermittelnde Rolle zu spielen, ist eine Schande, die der Westen seit Jahrzehnten zu verantworten hat.“
Macron setzt wenigstens ein Zeichen
El País hat wenig Hoffnung auf eine Wende:
„Die Vertreibung der Bewohner des südlichen Gazastreifens und die mögliche Zerstörung von Rafah sind ungeheuerlich und dürfen nicht toleriert werden. ... Der neue Plan [Einrichtung von israelischen 'Sicherheitszonen'] betrifft 20 Prozent des Streifens. ... Emmanuel Macrons Ankündigung, dass Frankreich den Palästinensischen Staat im Juni anerkennen könnte, ist eine Warnung. Spanien, Irland und Norwegen haben ihn bereits anerkannt, aber im Falle Frankreichs bekommt die Änderung eine besondere Bedeutung: Es ist Mitglied der G7 und hat die größte jüdische Gemeinde in Europa. Die Lage im Gazastreifen gibt wenig Anlass zur Hoffnung, aber jede Geste des Widerstands ist zu begrüßen.“
Keine Seite zu Zugeständnissen bereit
Roman Januschewski, Chefredakteur des russischsprachigen israelischen Senders 9. Kanal, sieht in Nowaja Gaseta sieht keinerlei Aussichten auf eine friedliche Lösung:
„Israel ist nicht bereit, den Krieg ohne die Befreiung aller Geiseln und die Übergabe der Leichen zu beenden. Zudem will es Garantien dafür, dass die Hamas Gaza nicht mehr verwalten und dass die israelische Armee die Möglichkeit behält, Ordnung zu schaffen, sollte das nötig sein. Die Hamas ihrerseits erwartet von den Vermittlern handfeste Garantien dafür, dass sie nach der Übergabe aller Geiseln an Israel verschnaufen und anfangen kann, ihre militärische Infrastruktur wiederherzustellen. Keine der Seiten ist bereit, in diesen für sie prinzipiellen Fragen Zugeständnisse zu machen.“
Paradigmenwechsel vonnöten
Historikerin Caroline Piquet fordert in La Croix ein Umdenken:
„Waffen schützen den israelischen Staat nicht, sondern zerstören ihn von innen, indem sie ihn in seinen politischen und ethischen Grundfesten erschüttern. Ein Paradigmenwechsel ist notwendiger denn je. Israel zu verteidigen, heißt, all jene zu unterstützen, die harte Sanktionen gegen die Zerstörung, Kolonisierung und Besetzung palästinensischer Gebiete fordern - internationale Institutionen, Organisationen und israelische Bürger. Israels Sicherheit wird nicht durch Massaker und Deportationen der Palästinenser gewährleistet werden, und auch nicht durch eine Luxus-Riviera am Mittelmeer. Sie wird durch die regionale Integration Israels in politische und wirtschaftliche Bündnisse gesichert werden.“