Angriff in Londons Regierungsviertel
Nach dem Angriff in London hat sich die IS-Terrormiliz zu dem Attentat bekannt. Die Polizei identifizierte den Mann, der am Mittwochnachmittag im Regierungsviertel mit einem Auto mehrere Passanten überfuhr und anschließend einen Polizisten vor dem Parlamentsgebäude erstach. Europas Presse lobt die nüchterne Reaktion der Bevölkerung und warnt davor, die Religion für Terror verantwortlich zu machen.
Britische Gesellschaft kommt mit Kratzer davon
Das Attentat in London hat die Briten zwar erschüttert aber mit dem Ziel, Terror zu säen, ist der Angreifer klar gescheitert, analysiert Delo:
„Die Reaktion der Londoner nach dem Angriff im Regierungsviertel ist mit der nach einem (schweren) Verkehrsunfall zu vergleichen. Die erste Panikreaktion weicht schnell der Sorge um die Opfer und der Beseitigung der Schäden. Die große Medienhysterie spiegelt nicht die nüchterne und irgendwie kühl rationale (sprichwörtlich britische) Reaktion der Öffentlichkeit und der Rettungskräfte wider. Das Leben kam kurz zum Stehen und ging gleich wieder weiter. Der brutale Ausfall des Extremisten hat die Leben der Opfer und ihrer Angehörigen zerstört. Die breite britische Gesellschaft hat nur einen Kratzer davongetragen, mehr nicht. Der Terrorismus hat angegriffen und verloren.“
IS-Angreifer erreichen ihr Ziel nicht
Ähnlich sieht das die Frankfurter Allgemeine Zeitung und stellt fest, dass, so furchtbar die jüngsten islamistischen Anschläge in Europa waren, die IS-Terrormiliz nicht erreicht hat, was sie wollte:
„Die Angriffe richten sich stets gegen Länder, die an der Kriegskoalition gegen die Terrormiliz beteiligt sind. Keines davon hat deshalb sein militärisches Engagement infrage gestellt. ... Das andere große Ziel der Dschihadisten ist die Spaltung von Muslimen und Andersgläubigen in der westlichen Welt. Man kann den Wahlsieg von Donald Trump in Amerika in diesem Sinne deuten, obwohl da andere, vor allem wirtschaftliche Faktoren ebenfalls von Bedeutung waren; auch der Aufstieg rechtspopulistischer Parteien in Europa spielt dem IS in die Hände. Trotzdem wird man unter dem Strich sagen können, dass die westlichen Gesellschaften bisher nicht von flächendeckender Islamfeindlichkeit geprägt sind. Und das Alltagsleben schränken wegen der allgegenwärtigen Anschlagsgefahr ohnehin nur die wenigsten Menschen ein.“
Perverse nutzen den Islam aus
Auch wenn sich die Terrororganisation IS zu der Tat in London bekannt hat, sollte man nicht von islamistischem Terror sprechen, warnt Hürriyet Daily News:
„Warum? Weil der Islam Frieden und Toleranz predigt. ... Der Islam setzt sich wie natürlich auch alle anderen Religionen für Frieden, Zusammenhalt und Glück der Menschheit ein. Doch in jeder Religion hat es immer Menschen gegeben, die versuchten, die Religion und die religiösen Gefühle zu missbrauchen, um ihre eigenen politischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Ziele zu verfolgen. Leider haben viele Perverse den ganzen Islam ausgenutzt, indem sie unter Verwendung des Begriffes 'Dschihad' oder 'heiliger Krieg' kaltblütig Menschen folterten und töteten. Der Begriff Säkularismus, also die effektive Trennung von Staat und Religion, ist existenziell in einem überwiegend muslimischen Land, insbesondere wegen der primitiven Mentalitäten solcher Islamisten.“
Digitalen Kampf gegen IS aufnehmen
Um den Terror wirksam zu bekämpfen, müssen die Staaten auch im Internet gemeinsam gegen den IS kämpfen, erklärten die schwedische Außenministerin Margot Wallström und ihr US-amerikanischer Kollege Rex Tillerson nach einem Treffen in Washington. Mit vereinten Kräften steigt die Aussicht auf Erfolg, meint Sydsvenskan:
„Den IS zu bekämpfen, ist eine der Prioritäten der US-amerikanischen Politik im Nahen Osten, und Tillerson bat andere Länder dabei um Hilfe und Unterstützung. Einen großen Teil seiner Rede hat er den Aktivitäten des IS im Internet gewidmet. Es ist von höchster Wichtigkeit, dass jetzt kein digitales Kalifat im gleichen Takt entsteht wie sich der IS physisch zurückziehen muss. Der digitale Kampf gegen den IS wird natürlich nicht einfach, aber das amerikanische Engagement erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs bei der Bekämpfung der Radikalisierung.“
Terroristen sind abhängig von Aufmerksamkeit
Politiker und Medien dürfen jetzt nicht den gleichen Fehler wie nach dem Terroranschlag in Belgien vor einem Jahr machen und die Tat über die Maßen dramatisieren, warnt The Guardian:
„Die damaligen Reaktionen waren außergewöhnlich, Europas Medien und Politiker beinahe hysterisch. Tagelang wiederholten BBC-Reporter stündlich am Tatort die Worte 'Panik', 'Bedrohung' und 'Gefahr'. Frankreichs Präsident François Hollande erklärte, dass 'ganz Europa angegriffen wurde'. Der damalige britische Premier David Cameron warnte vor einer 'sehr realen Terrorgefahr für Großbritannien'. Donald Trump verkündete vor jubelnden Anhängern, dass 'Belgien und Frankreich buchstäblich zerfallen'. Die IS-Milizen hätten sich kein größeres Megafon wünschen können. Ohne die Unterstützung der Medien und jener, die diese mit Worten und Taten füttern, ist der Terrorist hilflos.“
Briten reagieren genau richtig
Großbritanniens Reaktion ist vorbildlich, lobt De Morgen:
„Ruhig, überlegt und zielgerichtet Handeln. So eine Reaktion widerstrebt eigentlich unseren Instinkten. Angesichts eines feigen Angreifers, der maximalen Schaden anrichten und Angst schüren will, sind wir geneigt, voll in den Gegenangriff zu gehen und im Bereich Sicherheit alle Register zu ziehen. Manche denken schnell an eine Art Ausnahmezustand, in dem Grundrechte ausgesetzt werden. ... Aber das ist genau, was Terroristen wollen. Weil sie selbst zu schwach sind, um die freie Gesellschaft kaputt zu machen, provozieren sie eine Überreaktion der Staaten, die auf diese Weise fast ihren eigenen Rechtsstaat einreißen. In diese Falle dürfen wir nicht tappen.“
Den Kampf gemeinsam gewinnen
Eine so entschlossene wie solidarische Antwort Europas auf derlei Angriffe fordert ABC:
„Wo sie auch zuschlagen, richtet sich der Angriff gegen alle. Die Opfer von London sind die Opfer von Europa. Der Schlag richtet sich gegen die Grundwerte der repräsentativen Demokratie und die Prinzipien, auf denen die westliche Gesellschaft ruht. Der Kampf gegen solche Attacken ist besonders schwer, weil ihre Protagonisten bei uns zu Hause einsame Wölfe sind und im Ausland komplexe Organisationen. Deshalb ist es wichtig, dass alle Parteien, Mitgliedstaaten, EU-Institutionen und verbündete Staaten koordiniert und vereint gegen dieses Übel vorgehen, vor allem auf militärischer und polizeilicher Ebene. Die dschihadistische Bedrohung fällt in die Zuständigkeit aller.“
Schlagkraft des Terrors wächst
Terrorismus hat es immer gegeben, konstatiert Diplomat Roberto Toscano in La Repubblica, wir müssen uns jedoch fragen, was heute hinter ihm steckt:
„Es besteht kein Zweifel mehr daran, dass unsere Welt, die globalisiert und folglich produktiv, vernetzt, offen und dynamisch sein wollte, heute in der Krise steckt. Sie wird de facto von Frustrationen beherrscht, die aus Ungleichheit, Ausschluss und nicht eingelösten Versprechen herrühren. ... Argwohn und Feindseligkeit ufern aus und schaffen ein Klima, in dem das Zusammenleben immer problematischer und die Gewalt endemisch wird. … Der Anschlag gegen Westminster wird auf politischer Ebene deutlich spürbare Folgen haben. Als erstes bei der bevorstehenden Wahl in Frankreich. Er wird die Angst schüren und denjenigen begünstigen, der die Angst unter seine Trümpfe mischt. In diesem Sinne hat der Terrorismus, unabhängig von seinen Ausmaßen und davon, welcher Mittel er sich bedient, eine immer größere Schlagkraft. Er funktioniert.“