Bundeswehr-Skandal weitet sich aus
Der Skandal um eine mutmaßliche rechtsextreme Terrorzelle in der Bundeswehr zieht immer weitere Kreise. Nach der Festnahme von Oberleutnant Franco A. im April wurden zwei mögliche Komplizen verhaftet. Franco A. soll einen Anschlag gegen hochrangige Politiker geplant haben, weil er deren Flüchtlingspolitik ablehnt. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen versucht nun durchzugreifen - was von der Presse unterschiedlich bewertet wird.
Suche nach Nazisymbolen ist richtig
Am Freitag wurde angeordnet, alle Bundeswehrgebäude nach Devotionalen der Wehrmacht und der Waffen-SS durchsuchen zu lassen. Das Verteidigungsministerium registriert seitdem mehr Anzeigen wegen solcher Symbole, berichtet Zeit Online und nimmt von der Leyen gegen ihre Kritiker in Schutz:
„Unwahrscheinlich, dass die Stahlhelme und Hakenkreuze erst jetzt aufgefallen sind. Vielmehr deutet sich an, dass das Tolerieren untolerierbarer historischer Bezüge schwieriger wird. Es dürfen sich diejenigen Bundeswehrangehörigen bestärkt sehen, die schon immer gegen rechtsextreme Umtriebe und die Glorifizierung NS-deutscher Kriegsvergangenheit Position bezogen haben. Die massive Kritik an von der Leyen lenkt ab von zwei wichtigen Debatten, die dem Fall Franco A. folgen müssen. Erstens: Wie geht die Bundeswehr mit Rechtsextremismus in den eigenen Reihen um? Und: Welche Rolle spielt dabei die Wehrmachtstradition? ... Zweitens: Wem vertraut die Gesellschaft ihre Landesverteidigung an?“
Peinlicher Exorzismus beschmutzt Soldaten
Unverständnis hingegen äußert die Frankfurter Allgemeine Zeitung für die Durchsuchung der Bundeswehrgebäude:
„[D]ieser schlimme Fall [darf] nicht zu einer Diffamierung der Truppe führen. Leider ist die schon in vollem Gang – angeordnet durch die Verteidigungsministerin höchstselbst. Das Absuchen aller Dienststellen nach vermeintlich verfassungsfeindlichen Symbolen ist ein peinlicher Exorzismus, der die Dienstherrin säubern soll, die Soldaten aber beschmutzt. Die Bundeswehr ist von Wehrmachtsoffizieren aufgebaut worden und hat noch jahrzehntelang ihre Ausrüstung und Ausbildungsmaximen genutzt und weiterentwickelt. Wie die Wehrmacht entstand auch die Bundeswehr nicht aus dem Nichts. Wenn nur Widerstand traditionsbildend sein soll – warum machen dann die Generäle diesen Spuk mit?“