Ungarns Rechtsstaatlichkeit auf dem Prüfstand
Das EU-Parlament will die Rechtstaatlichkeit Ungarns prüfen lassen. Die rechtsnationale ungarische Regierung sei für Demokratieabbau verantwortlich, bemängelten die Abgeordneten und forderten die Auslösung des Artikel-7-Verfahrens, das bei schweren Verstößen gegen demokratische Grundwerte auch Sanktionen vorsieht. Kommentatoren finden den Schritt goldrichtig.
Es geht um die Selbstbehauptung Europas
Das EU-Parlament hat einen längst überfälligen Prozess angeschoben, kommentiert die Frankfurter Rundschau:
„Bis es zu Strafmaßnahmen gegen die Regierung von Ungarns Premier Viktor Orbán kommt, sind noch etliche Hürden zu nehmen. Vermutlich wird den anderen Mitgliedstaaten der Mut fehlen, den großen Konflikt zu suchen. Sie werden wie bisher lieber die EU-Kommission vorschicken, deren Einflussmöglichkeiten jedoch begrenzt sind. Die Europäische Volkspartei wiederum, zu der auch CDU und CSU gehören, schafft es nicht, Orbáns Fidesz auszuschließen. Dennoch ist es gut, dass das EU- Parlament den Anfang macht: Es geht um die Selbstbehauptung Europas, seine Glaubwürdigkeit und seine Würde. Das sollte eigentlich aller Mühen wert sein. “
Die Spreu trennt sich vom Weizen
Selbst wenn die EU niemals einstimmig für Sanktionen gegen Ungarn stimmen wird, hält Le Soir das Verfahren dennoch für sinnvoll:
„Es ist zu hoffen, dass die EU-Führungspolitiker erkennen, wie sehr die antidemokratischen Tendenzen in den Mitgliedsstaaten die gesamte EU gefährden. ... Zum einen durch den Dominoeffekt, zum anderen, weil es keinen Binnenmarkt, keine Freizügigkeit und keinen Kampf gegen den Terror geben kann, wenn die Grundwerte nicht respektiert werden. … Es heißt jetzt, ein solches Verfahren sei zum Scheitern verdammt, weil ein einstimmiges Votum der Mitgliedsstaaten unerreichbar ist. Man sollte das Ganze aber einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachten: Wie wäre es, wenn gemäß des Artikel-7-Verfahrens über die Frage der Rechtstaatlichkeit in Polen und Ungarn abgestimmt würde? So würde man deutlich erkennen, welche Länder und welche Regierenden die demokratische Ordnung verteidigen - und welche nicht.“