Osteuropas Gesundheitssysteme vor dem Kollaps
Mit einem Hungerstreik machen seit knapp zwei Wochen junge Ärzte in Polen auf ihre finanziellen Schwierigkeiten aufmerksam: Sie verdienen während ihrer Facharztausbildung nur umgerechnet etwa 530 bis 600 Euro. Dass viele Mediziner Polen verlassen, um anderswo zu arbeiten, überrascht da nicht. In anderen osteuropäischen Ländern sieht es derweil nicht besser aus. Besorgte Journalisten schlagen Alarm.
Der freie Markt muss es richten
Gość Niedzielny hat Verständnis für den Protest der jungen Ärzte:
„Ärzte sollten viel verdienen. Nicht weil ihre Arbeit schwer ist und ein enormes Wissen erfordert. ... Die Gehälter von Ärzten sollten hoch sein, weil unsere Gesundheit außergewöhnlich wichtig ist. Auf dem freien Markt ist jemandes Arbeit so viel wert, wie jemand dafür zu zahlen bereit ist. Und da unsere Gesundheit wichtig ist, wären wir bereit, Ärzten - sogar den jungen - wirklich viel zu zahlen. ... Doch selbst wenn wir für das Gesundheitswesen 20 Prozent des BIP ausgeben - ohne eine grundsätzliche Reform des Systems wird es uns nicht gelingen, dessen Qualität zu verbessern. Wir sollten im Gesundheitssystem so viel freien Markt wie möglich zulassen.“
Nur nicht krank werden in Rumänien
Anhand von einigen Beispielen beschreibt Krónika den desolaten Zustand des Gesundheitswesens in Rumänien:
„Der Zeitungsleser kann dieser Tage heilfroh sein, wenn er nicht als Patient, sondern bloß als schaudernder Außenstehender mit den Zuständen im rumänischen Gesundheitswesen konfrontiert wird. ... In der siebenbürgischen Stadt Deva etwa wird zuckerkranken Patienten nur Kartoffelpüree aufgetischt, weil das örtliche Krankenhaus wegen hoher Verschuldung keine Mittel mehr für Fleisch hat. Ein Bukarester Orthopäde wiederum soll horrende Summen von Eltern erpresst haben, deren Kinder vor Operationen standen. ... Unlängst konnte man auch lesen, dass in der vergangenen Dekade mehr als 14.000 Ärzte Rumänien gen Westen verlassen haben. Innerhalb der EU gibt es in Rumänien die wenigsten Mediziner pro Einwohner.“
Alternde Bevölkerung, Ärztemangel, kein Geld
Auch Bulgariens Gesundheitssystem steht vor einer Zerreißprobe, schlägt 24 Chasa Alarm:
„Die alternde Bevölkerung mit ihren chronischen Krankheiten verändert das Gesundheitssystem, und es wäre töricht, davor die Augen zu verschließen. Die ungünstige demographische Entwicklung muss bei der Haushaltsplanung des Gesundheitssystems berücksichtigt werden, sonst wird sich die Konfrontation zwischen Patienten, Ärzten und Krankenhäusern weiter zuspitzen. Eines ist sicher: In Zukunft wird immer mehr Geld benötigt. Wir brauchen dringend Ärzte und Krankenschwestern, und es wäre schlau, die, die noch hier sind, zu halten.“